Hervorragende Leinwände: AZ an der Luxemburger Straße

Koexistenz in Kalk

Seit Jahren soll das AZ umziehen, um Platz für die geplante Parkstadt Süd zu machen — jetzt bahnt sich eine Lösung an

Das Autonome Zentrum in Köln hat Erfahrung mit Umzügen und Nutzungsvereinbarungen. Seit zweieinhalb Jahren ist es wieder mit der Stadt im Austausch, weil der jetzige Standort im ehemaligen Kanalbauamt an der Luxemburger Straße der Parkstadt Süd weichen soll.

Um es zum erneuten Umzug zu bewegen, hatte die Stadt dem AZ bereits einige Vorschläge gemacht, die aber vom AZ abgelehnt wurden, weil die Standorte zu abgelegen für die regelmäßigen Veranstaltungen seien. Nun scheint eine Lösung in Kalk in Sicht: Über das Gelände »In den Reihen 16«, ein Verwaltungsgebäude der ehemaligen Rechtsrheinischen Gas- und Wasserversorgung (RGW) nahe der KVB-Haltestelle Kalk-Kapelle, sind AZ und Stadt seit 2021 im Gespräch. Im Februar haben Stadt, AZ und Markus Klein, ein dort ansässiger Busunternehmer, eine Absichtserklärung unterschrieben: Das AZ soll einen Teil des Geländes per Erbbaurecht nutzen dürfen, der Busunternehmer den restlichen Teil behalten.

Ein AZ in Kalk, das hat Geschichte. Im April 2008 besetzte das AZ die Kalker Schnapsfabrik, 2010 die ehemalige KHD-Kantine an der Wiersbergstraße. »Um überhaupt weiterzusprechen«, wurde die Erklärung unterschrieben, so Klein, der eine Nachbarschaft mit dem AZ skeptisch sieht. Die Vertreter:innen des AZ hätten in Gesprächen »sehr deutlich mitgeteilt, dass man nicht an eine friedliche Koexistenz glaube«. Außerdem sorgt er sich um seine Fahrzeuge, »da Busse eine hervorragende Leinwand bieten«, sagt er gegenüber der Stadtrevue. In der Pressemitteilung des AZ, das sich während der laufenden Verhandlung nicht äußern möchte, heißt es aber: »Das Autonome Zentrum und die Piccolonia Bus-Reisen verpflich­ten sich in der Absichtserklärung außerdem zu einer dauerhaften Co-Existenz auf dem Gelände.«

Das AZ spricht sich klar gegen eine ­Verdrängung der ­bisherigen ­Mieter:innen aus
Jan tölle, »Exit enter life«

Zudem gibt es weitere Mieter:innen, die auf dem Gelände bleiben wollen. Sie haben günstige Mietverträge, die ihnen ermöglichen, gemeinnützige und kulturelle Arbeit zu leisten. Mehr als vierzig Mietparteien waren 2022 dort untergebracht, darunter Proberäume, Ateliers und Sportvereine. Einige von ihnen haben Alternativ-Vorschläge der Stadt angenommen. Aktuell bestünden noch 31 Mietverhältnisse, so eine Stadtsprecherin.
»Das AZ hat in den vergangenen Jahren eine Fürsorgerolle übernommen«, sagt Jan Tölle von der auf dem Gelände ansässigen Bildungsinitiative »Exit Enter Life«. »Sie haben sich engagiert, dass wir alle an einen Tisch kommen und sich dafür eingesetzt, dass die Mieter:innen informiert werden.« Das AZ spreche sich klar gegen eine Verdrängung der bisherigen Mieter:innen aus und habe sich »immer bemüht, ein Auge auf uns zu haben« — etwas, das Tölle »mit der Stadt Köln bisher nicht so erlebt« habe.

Sowohl Tölle als auch das AZ sehen die Verantwortung bei der Stadt, den Mieter:innen angemessene Alternativen anzubieten. Die bisherigen Vorschläge seien oft befristet gewesen, auch leerstehende Fabrikanlagen ohne Heizung seien empfohlen worden. Aber ein Umzug für zwei Jahre ergibt für Tölle keinen Sinn: »Nach ein paar Jahren steht man vor demselben Problem«.

Liegenschaftsdezernent William Wolfgramm versichert: »Wir können nicht versprechen, dass wir für jede:n etwas Passgenaues finden. Aber wir versuchen es.« Ein großer Schritt sei mit der Unterzeichnung der Absichtserklärung getan: Darin hat das AZ zugestimmt, dem Boxclub Muay Thai eine Teilfläche zu überlassen, damit dieser seine Jugendarbeit im Veedel fortsetzen könne.

Die unterschriebene Erklärung könne nun dem Stadtrat zur politischen Entscheidung vorgelegt werden, um einen Baubeschluss für die Sanierung der Gebäude in die Wege zu leiten, so Wolfgramm. Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rat, sagt: »Das AZ muss erhalten bleiben. In unserer Bündnisvereinbarung mit CDU und Volt ist das fest verankert. Gleichzeitig müssen die Planungen für die Parkstadt Süd ungehindert umgesetzt werden.« Da sich die drei Parteien auf gemeinsame Absichten einigen konnten, bestätigt Martin: »Die anstehenden Maßnahmen zur Instandsetzung werden wir unterstützen.«
Fürs Erste wurde das Nutzungsrecht an der Luxemburger Straße bis Ende 2024 verlängert. Obgleich die gewerblichen Mietverträge in den Reihen 16 schnell kündbar seien, sagt Jan Tölle: »Die Mühlen bei der Stadt Köln mahlen bekanntlich langsam. Ich denke, es wird dauern, bis das abgeschlossen ist.«