Gut eingepackt: Polizisten blicken von der Domtreppe auf den Polizeikessel vor dem Bahnhof (Foto: S.Weiermann)

Polizeikessel statt Party

Kommentar: Mehrere hundert Menschen mit Migrationshintergrund verbringen Silvester im Polizeikessel. Der Vorwurf des »racial profiling« ist berechtigt

Als ich an Silvester nachmittags nach Köln fuhr, erwartete ich einen sehr langweiligen Arbeitstag: ein bisschen Lichtkunst ansehen und hören, was die Oberbürgermeisterin, der Polizeipräsident und der Innenminister über die friedlichen und bunten Feiern zu erzählen haben. Von den 1500 Polizisten hatte ich erwartet, dass sie zwar omnipräsent sein würden, aber auch dass ihr Abend ebenso langweilig wie meiner sein würde.

 

 

Gegen 18 Uhr kam ich in Köln an, vor dem Hauptbahnhof wurde eine kleine Gruppe von jungen Männern mit Migrationshintergrund von Polizisten überprüft. Dass so etwas nach den Ereignissen des letzten Jahres passiert, verwunderte mich nicht. Ich bin dann erstmal ein wenig spazieren gegangen. Überall sah ich Polizisten, die offensichtlich wenig zu tun hatten. Die Innenstadt wirkte auf mich wie eine Hochsicherheitszone – nur dass der konkrete Anlass für die staatliche Machtdemonstration fehlte. Aber gut, man musste wohl Präsenz zeigen.

 

 

Gegen 21 Uhr änderte sich am Hauptbahnhof das Bild vom langweiligen und unspektakulären Einsatz. Bereitschaftspolizisten zogen eine Kette, im Bahnhof wurden die Anreisenden sortiert. Wer schwarze Haare und eine dunkle Hautfarbe hatte, musste den Bahnhof durch die Tür neben dem Bodyshop verlassen und fand sich draußen in einem Polizeikessel wieder. Die Polizei twitterte, sie würde nun hunderte »Nafris« kontrollieren – in ihrem Jargon sind das »Nordafrikanische Intensivtäter«. Welche Taten die Menschen im Polizeikessel begangen haben sollen und nach welchen Kriterien sie ausgewählt wurden, konnte Polizeipräsident Jürgen Mathies auch am Neujahrstag nicht erklären. Stattdessen sprach er von 1000 »fahndungsrelevanten Personen«, die sich auf den Weg nach Köln gemacht hatten. Den Vorwurf, »Racial Profiling« betrieben zu haben, wies der Polizeipräsident von sich.

 

 

Vor dem Bahnhof, dahinter und in Deutz kontrollierte die Polizei nach meiner Beobachtung allerdings nur nach Hautfarbe. Für 1080 Menschen endete die Silvesterparty direkt an den Bahnhöfen. Sie erhielten Platzverweise und wurden in Züge gesetzt.

 

 

Am Silvesterabend habe ich massenhaft rassistisch motivierte Kontrollen gesehen. Während ein multikultureller Chor vor dem Dom „We are the World“ trällerte, standen hunderte Menschen bei Kälte auf dem Bahnhofsvorplatz und auf dem Breslauer Platz in Polizeikesseln. Der Silvesterabend ist friedlich geblieben – ob von den Eingekesselten eine reale Gefahr ausgegangen wäre, wird man nicht feststellen können. Dass die Polizei für ihre Maßnahmen allerdings von AfD-Funktionären und Pegida-Anhängern beglückwünscht wird, sollte ihr zu denken geben.