Hier kommt jeder rein

Eine neue Initiative will gegen Diskriminierung und Rassismus an der Clubtür vorgehen

Wie gleichberechtigt im Alltag mit Menschen umgegangen wird, zeigt sich, wenn sie sich um einen Job oder eine Wohnung bemühen. Oder wenn sie mit dem Zug nach Köln fahren, weil sie dort Silvester feiern möchten. Auch im Nachtleben ist es mit der Gleichbehandlung nicht weit her: »An der Discotür machen viele Menschen Diskriminierungserfahrungen«, sagt Susanne Kremer-Buttkereit, die Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums der Stadt Köln. Ein Veranstalter möchte das in Köln ändern: Der Club Bahnhof Ehrenfeld (CBE), einer der  beliebtesten Räume für Partys und Konzerte, hat mit dem Antidiskriminierungsbüro (ADB) Köln das Projekt »Eintritt für alle?« ins Leben gerufen, um eine diskriminierungsfreie Türpolitik am Einlass umzusetzen.

 

»Wir wollen ein offenes Haus«, sagt Mitgründer Gabriel Riquelme vom CBE. Deshalb habe man sich entschlossen, der Problematik proaktiv zu begegnen. »Das gesellschaftliche Klima hat sich verändert, dagegen möchten wir ein Zeichen setzen.« Zudem habe man in den vergangenen Jahren bemerkt, dass das Kölner Nachtleben internationaler geworden sei. Es gebe mittlerweile viele Gäste, die kein Deutsch sprechen, und auch mehr, die kein Englisch sprechen. Den Spaß an einer guten Party soll das niemandem nehmen.

 

Die Realität an der Clubtür ist eine andere. »Diskriminierung und vor allem Rassismus sind alltäglich. Das wird bagatellisiert und von den Betroffenen oft hingenommen«, sagt Ilka Simon vom ADB Köln, das mit dem CBE kooperiert. Das liegt auch an der Rechtslage: Zwar sieht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor, dass bei öffentlichen Veranstaltungen das Hausrecht nicht willkürlich angewendet werden darf, doch in der Praxis ist das AGG ein stumpfes Schwert. Verstöße sind für die Betroffenen schwierig nachzuweisen. Gelingt es dennoch, ist das Strafmaß gering. Es geht dann um den zivilrechtlichen Anspruch auf Schadenersatz für einen verhunzten Abend, maximal ein paar hundert Euro. Diesen juristischen Rahmen hat bislang einzig das Land Niedersachsen erweitert. Dort kann seit 2015 für Diskriminierung in der Gastronomie ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro fällig werden, das Ordnungsamt soll das zudem gezielt kontrollieren. Dass in NRW solche Bestimmungen fehlen, wissen Betroffene — und auch Club­betreiber.

 

»Das macht es noch wichtiger, präventiv zu handeln«, sagt Susanne Kremer-Buttkereit vom Kölner Integrationszentrum über »Eintritt für alle?«. Für das Projekt sei es zunächst wichtig gewesen, berichten die Initiatoren, einen Sicherheitsdienst zu finden, der die Idee mitträgt. Die Branche hat den Ruf, schlecht ausgebildetes Personal prekär zu beschäftigen. Das ist auch für den Auftraggeber billiger. Eine gute Tür aber braucht ausreichend Fachkräfte. »Sowohl beim Einlass als auch beim Beschwerdemanagement möchten wir Transparenz gewährleisten«, sagt CBE-Gründer Riquelme.

 

Schon vor Ort sollen Betroffene über ihre Rechte und Pflichten informiert werden, unter anderem durch mehrsprachige Aushänge. Im Nachgang soll ihnen der Grund für eine Zurückweisung abermals erläutert werden. Das kann zum Beispiel zu ­starker Einfluss von Alkohol oder gewaltbereites Verhalten sein.

 

In der Natur der Sache aber liegt es, dass Probleme bleiben. Abweisungen wird es weiterhin geben, und auch Betroffene, die das nicht nachvollziehen können. »Wir werden uns an der Realität messen lassen müssen«, sagt Riquelme, »wir verstehen das als Prozess, in dem auch wir lernen«. Er möchte zukünftig andere Clubs als Mitstreiter gewinnen. Dass die Idee von einer diskriminierungsfreien Tür einen langen Atem braucht, hat das ADB Sachsen gemerkt. In Leipzig hatte man 2011 als bundesweit erste Stadt eine vergleichbare Initiative begründet. »Wir haben viel erreichen können, wir sind aber auch auf viel Unverständnis gestoßen«, sagt die dortige Geschäftsführerin Sotiria Midelia. »Viele Clubs sehen Sinn und Zweck solcher Bemühungen nicht.«