Netzmusik

Die besten Sounds aus dem Netz

Eigentlich tendiere ich bei der Recherche neuer Netzmusik dazu, Genres wie Ambient und Dubtechno zu überhören. Wenn allerdings die nimmermüden Kollegen Tom Ray und Doug Whitfield vom Music Manumit Podcast einen Ambient-Künstler zu einem ihrer längeren Interviews einladen, kann man davon ausgehen, dass da mehr geht als die üblichen Synth-Flächen und Pluckerbeats.

 

Cinchel aus Chicago arbeitet lediglich mit einer elektronischen Gitarre, Laptop, Effekten, »echtem« Gitarrenverstärker, manchmal ein wenig Fender Rhodes. OK, nichts bewegend Neues, denkt man sich. Haben Künstler wie Fennesz, Oren Ambarchi und Jim O’Rourke doch schon vor Ewigkeiten gemacht. Stimmt, aber Cinchel hat sich eine andere Nische gesucht. Selbst wenn seine vielzähligen Veröffentlichungen manchmal an das legendäre Wiener Mego-Label erinnern, ist Cinchel doch viel mehr Pop, weniger Experiment. Manchmal schimmert sogar ein wenig Progrock durch. Empfehlen möchte ich das ganz und gar tolle Minialbum »Stereo Stasis«, das sowohl als Download (»Zahl was Du willst«) als auch als Doppel-Single erhältlich ist, sowie die aktuellen Veröffentlichungen »under a tree« und »sleeping«, die es zum freien Download unter CC-Lizenz gibt. Das Vinyl kommt mit handgemalten Cover für läppische fünf Euro plus Porto nach Hause. Ich kann nicht oft genug betonen, wie schön ich diese Verknüpfung aus Retro-DIY und digitalem Musikvertrieb finde.
cinchel.bandcamp.com

 

In dieselbe Richtung gehen Digital + Limited Tape-Releases wie die hier bereits besprochenen Stuttgarter Cebra oder Interlaken auf dem noch recht jungen Seil Records Label. Auch Interlaken aus New York macht in Ambient — auf Cassette.

 

A propos Music Manumit Podcast. Co-Host Doug Whitfield macht auch das blocsonic-Netlabel, das mit »Dark Of Winter — Music From The Original Motion Picture Soundtrack« aktuell die Musik des gleichnamigen amerikanischen psychedelischen Thrillers aus dem Jahr 2012 im Angebot hat. Nach einem unerwartet mainstreamigen und ziemlich unpassenden Einstieg (»Genre: Rock«) eines Künstlers namens Heeven Haven — im Film die Abspannmusik — folgen zehn richtig gute Tracks: Soundscapes, Noise, Ambientes, akustische Instrumentals — allesamt viel zu schade, um nicht veröffentlicht zu werden.

 

Dachte sich auch Doug Whitfield und einigte sich mit den Filmemachern darauf, den Soundtrack auf seinem Netlabel zu veröffentlichen, unter Creative Commons-Lizenz und zum freien Download. Den Film — experimenteller Indie-Thriller — findet man natürlich auch im Netz und zwar offiziell und legal auf Amazon Prime sowie kostenfrei auf Youtube, teils schwarz-weiß und in crispem HD:
youtu.be/dlSzMy6ZxbE