Festival-Credo: »I’ll miss you when you are gone«,

Update »Schäl Sick«

Vom 28. Juni bis 2. Juli feiert das Festival "Die Stadt von morgen" des Schauspiel Köln sein Finale

Unter der Fragestellung »Wie wollen wir in Zukunft leben und welche Stadt brauchen wir dafür?« haben Künstler und Stadtentwickler den rechtsrheinischen Stadtteil Mülheim zum urbanen Versuchslabor gemacht. Zum Abschluss verwandelt sich jetzt in einem viertägigen Festival der Platz unter der Mülheimer Brücke zu einer Agora mit Theateraufführungen, Diskussionen und Konzerten. Regisseurin Eva-Maria Baumeister, die gemeinsam mit der Stadtplanerin Isabel Finkenberger das Projekt leitet, gibt Auskunft.

 

Frau Baumeister, wieso gibt’s zum Ende des Projektes ein Festival?

 

Wir wollen den Menschen aus dem Stadtteil und ganz Köln präsentieren, was wir in den letzten zwei Jahren entwickelt und erarbeitet haben. Dabei soll das Festival nicht nur eine Ergebnispräsentation sein, sondern insbesondere einen Ausblick auf eine mögliche Zukunft von Mülheim und ein alternatives Modell von Stadt und Stadtgesellschaft geben.

 

Das Projekt war ein Pilotprojekt der nationalen Stadtentwicklung. Gibt es vergleichbare Projekte im In- und Ausland und welche Erfahrungen fließen in das Kölner Projekt ein?

 

Bundesweit wurden auch andere Projekte gefördert. Mir fällt da zum Beispiel Hamburg ein, wo das Theater sich mit dem Veedel und dem Leben in diesem Viertel auseinandergesetzt hat. Wir haben allerdings weniger Erfahrungen von außen aufgenommen, sondern vor allem versucht, den Kontakt mit den Menschen und Initiativen vor Ort zu suchen. Man läuft ja bei einem solchen Projekt mit Künstlern schnell Gefahr, nur von außen auf den Stadtteil zu gucken.

 

Was kann das Theater im Dialog leisten, was die klassische Politik/Stadtplanung nicht kann?

 

Ich glaube, wir können mit so einem Projekt, das in den öffentlichen Raum geht, viel spontaner agieren. Wir können ein anderes Publikum erreichen als die klassische Stadtplanung mit ihren Partizipationsprozessen, weil wir direkt zu den Orten gehen, an denen sich die Menschen aufhalten und wo sie leben. Theater kann Geschichten erzählen, bietet damit Identifikationsmöglichkeiten und eröffnet Raum für Visionen.

 

Welche Resonanz gab es in den zwei Jahren auf das Projekt?

 

Von den Menschen, die im Viertel engagiert sind, kam sehr positive Resonanz. Wir haben innerhalb der zwei Jahre zwei theatrale Konferenzen abgehalten, wo sich zeigte, wie heterogen das interessierte Publikum ist, vom klassischen Theaterzuschauer bis zum Bürger aus der Nachbarschaft. Ein breites Spektrum haben wir immer dann erreicht, wenn wir rausgegangen sind und Themen gesucht haben, die alle verbinden, zum Beispiel Mobilität oder die Nutzung des öffentlichen Raumes. Aber es wurde auch immer wieder die Frage an uns gerichtet, was das alles soll.

 

Wie reagiert man darauf?

 

Wir haben kein Mandat zu entscheiden, was konkret vor Ort passiert. Wir möchten die Menschen sensibilisieren, sich damit auseinanderzusetzen, was mit dem Stadtteil passiert, in dem sie leben. Wer seine Wünsche wahrnehmen und artikulieren kann, der kann auch politische Forderungen stellen. Es geht uns auch darum, Bedürfnisse zu wecken. Wenn sich bei den Besuchern nach dem Festival beispielsweise der Wunsch nach einem dauerhaften Ort mit einer lebenswerten und nutzbaren Infrastruktur unter der Mülheimer Brücke manifestieren würde, wäre das ein toller Erfolg.

 

Ihr nennt euer Festivalgelände Agora, was ist darunter zu verstehen?

 

Die Agora war in den antiken Stadtstaaten der Ort, an dem das öffentliche Leben zusammenlief. Eine solche Begegnungsstätte wird auch das Festivalgelände sein — und  leistet damit gleichzeitig auch einen Ausblick auf das große Potenzial, das in den Räumlichkeiten und im gesamten Umfeld der Brücke steckt. Studenten des Studiengangs raum&designstrategien der Kunstuniversität Linz haben unter der Mülheimer Brücke aus Holzpaletten einen Ort gestalten, an dem an den Tagen gemeinsam gegessen, gefeiert und gestritten werden kann, an dem man sich begegnet, sprich: alles das macht, was Stadt auszeichnet und transformiert.

 

Was sind die Highlights des Festivals?

 

Alle Programmpunkte sind einen Besuch wert, etwa das Konzert im Rahmen unserer Eröffnung am Donnerstagabend mit Von Spar. Wir haben mit Künstlern drei Komplizenschaften, die alle mit unterschiedlichen Perspektiven auf die Stadt von morgen gucken. Mit dem Künstlerkollektiv Labor Fou/Knüvener Architekturlandschaft wurde eine Rheinfähre für die Festivaltage eingesetzt, die nicht nur wegen ihrer künstlerisch gestalteten Inneneinrichtung einen Besuch wert ist. Die Gruppe Subbotnik demonstriert am 30. und 31.6. mit einem eigens gegründeten Stadtteilorchester in »Trompeten von Jericho« wie die Stadt von morgen klingt. Das Künstler- und Kuratorenduo Markus Ambach und Kay von Keitz präsentieren in der Wunderkammer, einem Ladenlokal, Fundstücke ihrer Stadtteil-Exkursionen. Daran angeschlossen sind szenischen Führungen mit Ensemblemitgliedern des Schauspiel Köln durch Mülheim. Und am letzten Tag werden wir uns noch einmal der Mülheimer Brücke widmen und Positionen für ein Brücken-Manifest sammeln.

 

StadtRevue präsentiert
Festival: »Die Stadt von morgen«,
29.6.–2.7., div. Spielorte in Mülheim
Verlosung > Tageskalender erste Seite
29.6. (18 Uhr), Eröffnungskonzert
mit Von Spar, Agora unter der
Mülheimer Brücke
Programm auf stadtsehen.koeln