»Ich setze auf Technik«

Autos im Stau, zugeparkte Fußwege, überlastete Busse und Bahnen und Radfahrer, die zu Tode kommen. Seit Anfang des Jahres ist Andrea Blome dafür zuständig, all das zu ändern. Sie leitet das neu geschaffene Dezernat für Verkehr und Mobilität. Im Interview spricht sie über einen neuen U-Bahn-Tunnel, Wasserbusse und Berufspendler aus Hückelhoven

Frau Blome, Sie planen einen U-Bahn-Tunnel auf der Ost-West-Achse, der vom Heumarkt bis zum Neumarkt oder sogar bis zum Aachener Weiher verlaufen könnte.

 

Die Ertüchtigung der Ost-West-Achse, also die Verlängerung der Bahnsteige, ist zwingend erforderlich. Hinsichtlich der Varianten erarbeiten wir derzeit eine Ratsvorlage.

 

Wann liegt die vor?

 

Das kann ich noch nicht sagen. Wichtig ist: Wir möchten eine intensive Bürgerbeteiligung, noch in diesem Jahr. Ich weiß, dass das Thema U-Bahn-Tunnel in Köln kein einfaches ist. Die Ansprüche an die Mobilität von wachsenden Großstädten sind sehr hoch — und oberirdisch ist der Platz definiert.

 

Auf der Straße ist er meist für Autos definiert.

 

Köln ist nach den Maßgaben der Autogerechten Stadt gebaut worden. Heute sprechen wir aber davon, dass auch Fußgänger und Radfahrer berechtigte Ansprüche besitzen.

 

Sie sprechen es an: Es gibt viele Interessensgruppen. Wo setzen Sie Schwerpunkte?

 

Ich habe mit vielen Interessensvertretern gesprochen. Was alle gemeinsam haben: Sie sind sehr unzufrieden — Hafenwirtschaft, Handwerk und Handel oder Fußgänger. Ich möchte gerade im Binnenverkehr den Radverkehr stärken. Es gibt 400.000 Menschen, die sich täglich in der Stadt bewegen. Wir möchten, dass sie Wege von bis zu fünf Kilometern nicht mehr mit dem Auto zurücklegen. Das Verkehrsverhalten von denen, die von außen kommen, können wir nicht so gut beeinflussen. Wie soll ein Berufspendler aus Hückelhoven schon nach Köln kommen? Der ist auf sein Auto angewiesen.

 

Wie möchten Sie die Kölner denn aufs Fahrrad bekommen?

 

Die Umsetzung des Radverkehrskonzepts Innenstadt dauert vielen zu lange, wobei unterschätzt wird, wie aufwendig Radverkehrsplanung ist. Um einen Radweg anzulegen, braucht es mehr als einen Eimer weiße Farbe. Vielen Fahrradfahrern geht die Entwicklung nicht schnell genug. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Fahrradstraßen, in denen der Radverkehr dominiert. Mehr Radverkehr wird auch das Bewusstsein der Autofahrer ändern. Wir beobachten das auf beliebten Radverkehrsrouten. Letztlich geben wir als Verwaltung dem städtischen Leben aber einen Rahmen, in dem sich Gesellschaft selbst organisiert. Das wird Kompromissbereitschaft brauchen — gerade im Verkehr.

 

Köln wird weiter wachsen. Das bedeutet auch: noch mehr Verkehrsteilnehmer.

 

Auch deshalb werden sich mehr Menschen mit Fahrrad oder ÖPNV fortbewegen müssen. Der motorisierte Individualverkehr soll von 40 Prozent auf ein Drittel zurückgedrängt werden, allerdings wird er absolut nicht weniger. Wir verfolgen aber das Ziel, dass er auf seinem jetzigen Level bleibt.

 

Eine Lösung soll die Zusammenarbeit von Städten und Gemeinden sein. In der Vergangenheit ist wenig passiert. Ändert sich das?

 

Die regionale Kooperation wird mittlerweile gut gelebt. Alle wissen, dass man zusammenwachsen und entsprechende Infrastruktur schaffen muss. Es gibt zudem große Schienenprojekte, etwa den Bahnknoten Köln. Vor kurzem fand der erste Spatenstich für den Rhein-Ruhr-Express statt, der in einem dichten Takt fahren wird. Attraktive Schienenverbindungen zieht man einem Stau vor. Was funktioniert, wird angenommen. Da brauchen wir keine verkehrspolitische Umerziehung.

 

Könnte auch eine Wasserbus-Linie über den Rhein ein Mittel sein?

 

Das ist höchst spannend. Wir sollten den Rhein als Verkehrsweg nutzen, im Moment ist er nur für die Rheinschifffahrt. Ein solches Projekt aber ist eine große Herausforderung. Wir brauchen gute Anleger. Wir müssen wissen, was technisch nötig und wie teuer das ist. Auch die Verknüpfung mit KVB, VRS und Radschnellwegen ist wichtig. Erst dann lässt sich entscheiden, ob die Idee zielführend ist. Fest steht: Wir wollen ein regionales Projekt und führen Gespräche mit Leverkusen und Bonn.

 

Die Verwaltung ist im Sommer 2016 mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt worden. Wissen Sie schon, wann diese vorliegt?

 

Nein, sie wird aber derzeit erarbeitet.

 

In Ihre Zuständigkeit gehört auch der ruhende Verkehr.

 

Es gibt in Köln eine große Debatte darüber, dass Parkplätze zu viel öffentlichen Raum einnehmen. Im Stadtkern können wir den Parkraum an der Oberfläche reduzieren, um den Menschen mehr Raum zu geben. Das betrifft das Areal um die Via Culturalis, auch die Wälle entlang des Rings. Darum werden wir uns intensiv kümmern. Es gibt berechtigte Interessen von Anwohnern und dem Lieferverkehr. Aber ansonsten müssen dort keine Autos stehen. Dafür gibt es Tiefgaragen und Parkhäuser, in denen genug Platz ist. In Großstädten findet ein allgemeiner Wandel statt: weg von der Autogerechtigkeit hin zu einer Menschengerechtigkeit.

 

Es mangelt in der Innenstadt also nicht an Parkraum?

 

Nein. Entscheidend wird sein, dass Besucher von außerhalb verstärkt Parkhäuser nutzen. Noch parken die Leute gerne auf der Straße. Jeder glaubt, wenn er kommt, wird zufällig gerade ein Parkplatz frei. Da setze ich auch auf bessere Technik. Schon heute kann man über das Navigationsgerät sehen, wo freie Plätze im Parkhaus sind. Der Verkehr wird dadurch zielgerichteter, langer Suchverkehr fällt weg.

 

Wie blicken Sie auf Überlegungen, die Innenstadt autofrei zu machen?

 

(Pause) Die Menschen sollen natürlich weiterhin mit dem Auto in die Innenstadt fahren können. Die Innenstadt lebt von Besuchern. Wir befinden uns schließlich auch in einer Konkurrenz der Städte. Wenn niemand mehr zum Shoppen käme, weil keine Autos mehr fahren dürfen, fahren die Menschen woanders hin — das kann nicht unser Ziel sein. Aber wir wollen Verkehrsströme intelligenter steuern.

 

Und dafür braucht es ein Amt für Verkehrsmanagement?

 

Ja, um Verkehr effizienter gestalten zu können. Dazu braucht man eine moderne Ampelschaltung mit einem modernen Verkehrsrechner. Der ist beauftragt. Dann kann man den Verkehr detektieren, kann ihm planmäßige Störungen wie Baustellen zugrunde legen, aber auch adäquat auf unplanmäßige Störungen reagieren. Um bei einem Unfall im Hauptverkehrsnetz, etwa auf einer Brücke, der neuralgisch auf den Verkehr wirkt, sinnvoll umzuleiten.

 

Apropos Verkehrssicherheit. In Köln hat es jüngst mehrere Raser-Unfälle gegeben, bei denen sogar Menschen getötet wurden.

 

Das ist schrecklich. Es ist aber klar, dass an den entsprechenden Stellen in der Stadt auch Präsenz der Polizei notwendig ist — denn das ist ihr Aufgabenbereich.

 

In den fallen auch Kontrollen von Tempo-30-Zonen, für die es der Polizei offenkundig an Personal mangelt.

 

Wenn man die Stellen kennt, an denen das passiert, dann muss man dort schwerpunktmäßig kontrollieren. Niemand darf denken: Uns erwischt eh keiner. Über den Personaleinsatz bei der Polizei kann ich allerdings nichts sagen.