Die geteilte Stadt?

Das CityLeaks-Festival setzt auf Partizipation

Wem gehört die Stadt? Wer bestimmt über den öffentlichen Raum, und wie lässt er sich gemeinsam gestalten? Das alle zwei Jahre stattfindende CityLeaks-Urban-Art-Festival bringt in Köln zum vierten Mal KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen, Politik und Stadtverwaltung zusammen, um die Zukunft der Stadt und ihre Nutzung gemeinsam mit den BürgerInnen zu erforschen, zu diskutieren und neue Konzepte zu entwickeln. Das Motto lautet »Sharing City«, womit nicht nur die geteilte, sondern auch die teilende Stadt gemeint ist. Was macht die Stadt lebenswert? Wie kann man den urbanen Raum gemeinsam nutzen, trotz aller Reglementierungen? Die Macher haben sich zur Klärung dieser und vieler weiterer Fragen einiges vorgenommen, angefangen bei Workshops, Vorträgen und Diskussionsrunden bis zu Stadtspaziergängen, Performances, Ausstellungen und Musik. Den theoretisch-wissenschaftlichen Rahmen bildet die CityLeaks-Akademie, ein Format, das in zahlreichen Open Calls und nachbarschaftlichen Aktionen zum Diskutieren und aktiven Einmischen einlädt. Das geschieht unter Anleitung von ExpertInnen, wie etwa der Sozialökonomie-Professorin Esra Erdem, die Wissen über nachhaltiges Wirtschaften, Shared Economy und neue Formen der Gewinnverteilung u.a. in Vorträgen vermittelt. In Workshops werden Möbel für den öffentlichen Raum gebaut oder Strategien wie »Urban Hacking« ausgetestet, beim »Retail Poisoning« werden mittels selbstgebauter Konsumgüter-Attrappen Marketingstrukturen und Konsumregeln aufgemischt.

 

Dem Motto »Sharing City« entsprechend geht das Festival zudem folgerichtig erstmals komplett in den öffentlichen Raum. Auf einen geschlossenen Ort wird zugunsten einer wandelbaren und modularen Architektur auf dem Ebertplatz verzichtet, die gleichzeitig als Bühne, Treffpunkt und Ort für Workshops und Ausstellungen fungiert. Dafür hat man das Berliner Netzwerk ON/OFF eingeladen, das Strukturen und Architekturen für den öffentlichen Raum entwickelt und dabei die direkte Beteiligung durch die Nutzer und Bewohner mitdenkt. 

 

Der Ebertplatz steht für die CityLeaks-Macher exemplarisch für den Umgang der Stadt mit städtebaulichen Großprojekten: als einer der größten und meist frequentierten öffentlichen Plätze Kölns wird er von der Politik komplett vernachlässigt. Mit den stillgelegten Rolltreppen und der versiegten Brunnenanlage hat man sich resigniert abgefunden — trotzdem ist der Platz kein Unort, sondern mit den verschiedenen Projekträumen, die in der Unterführung ihr Revier bezogen haben, einer der wichtigsten Orte der Kölner Off-Kunstszene. Das Festival möchte den Diskurs um den Ebertplatz und seine zukünftige Nutzung weiterführen und die Nachbarschaft, die ansässigen Kunsträume, Politik und Verwaltung an einen Tisch bringen. Der Ebertplatz ist dabei das Epizentrum, von dem aus verschiedene Interventionen sternförmig in die umliegenden Veedel ausstrahlen und einen Teil des öffentlichen Raums besetzen, den Eigelstein runter, hinein ins Agnesviertel bis nach Nippes. Die Kunstprojekte fungieren so als Bindeglied zwischen Theorie und Praxis, die künstlerischen Arbeiten als das Medium, durch das komplexe Themen sichtbar und fassbar werden. In Nippes wird etwa der riesige Parkplatz hinter Galeria Kaufhof, eine der größten Freiflächen im ansonsten sehr dicht bebauten Viertel, zur Street-Art-Galerie.

 

»Unsere Künstler und Künstlerinnen kommen zu einem großen Teil von der Straße; wir, der artrmx e.V. als Veranstalter, sind auf dem Weg, eine Institution zu werden, und dazwischen setzt CityLeaks an« sagt Georg Barringhaus, der künstlerische Leiter. An dieser Schnittstelle ist auch die Arbeit des KHM-Absolventen Martin Hesselmeier angesiedelt, die einen seit Jahren leerstehenden Bahnbogen am Gereonswall bespielt. Dafür hat er eine Lichtinstallation entwickelt, die auf die von den Bahnen verursachten Erschütterungen reagiert und auf die (Nicht-)Nutzung der Bahnbögen — von denen zwischen Innenstadt und Ehrenfeld etliche leer stehen — anspielt. Was man aus Orten wie diesen alles machen könnte — auch das wird CityLeaks zeigen.