Fotos: Manfred Wegener

Grüner wird’s nicht – Teil 1

Kurz vor der Bundestagswahl spricht Deutschland über den Diesel­skandal und nitratverseuchtes Trinkwasser — die Folgen von Autowahn und Massentierhaltung. Die Grünen haben dagegen stets gekämpft. Doch die Wähler lieben sie nicht, in Umfragen liegen sie Mitte August bei gerade sieben Prozent. Warum?

Die Stadtrevue hat sich in der Grünen-Hochburg Köln auf Spurensuche begeben. Der Politologe Lothar Probst spricht im Interview über mögliche Gründe für das Feindbild »Grüne«

Die Hochburg bröckelt

 

Die Kölner Grünen sind erfolgsverwöhnt. Jetzt, kurz vor der Bundestagswahl, laufen ihnen die Wähler davon. Wie konnte das passieren? Und wie will die Partei gegensteuern? Ein Besuch bei Gründungs-mitgliedern, Basis und Bundestags-kandidatinnen

 


Ein Montag in den Sommerferien, mitten in Köln-Ehrenfeld. Für Katharina Dröge beginnt der Wahlkampf ruckelig. Die 32 Jahre alte Bundestagsabgeordnete der Grünen für Ehrenfeld, Nippes und Chorweiler sitzt in einem der neuen Elektro-Autos des Carsharing-Anbieters Cambio und fremdelt. Der Wagen hat Automatikschaltung; Gas-pedal und Bremsen reagieren schneller, als man es von Benzinern gewohnt ist. Nach einer Runde um den Block stellt sich das typische Kölner Stop-and-Go-Fahrgefühl ein. Der Verkehr ist einfach zu dicht.

 

 Nachdem das E-Mobil wieder in seiner Parkbucht steht, sitzen wir in einem Café am Bahnhof Ehrenfeld. Dröge erzählt, wie sie mit ihrer vierköpfigen Familie den Alltag ohne eigenes Auto meistert. Am Nebentisch lässt sich der stellvertretende Bezirksbürgermeister Ralf Klemm nieder, auch er ein Grüner. Die grüne Idylle wäre perfekt — stünde da nicht die Wahl bevor.

 

 

Mancher stilisiert die Bundestagswahl schon zur Schicksalswahl der Grünen. Trotz Sommerstürmen und Dieselskandal liegen sie in Umfragen nur bei sieben Prozent — hinter AfD, Linkspartei und FDP. Auch in ihrer Hochburg Köln ist die Ausgangslage bescheiden. Bei der Landtagswahl im Mai haben die Grünen gerade dort massiv Stimmen verloren, wo sie stets besonders stark waren: in Ehrenfeld, Nippes und Bilderstöckchen sowie in der Innenstadt, Deutz und Kalk rund ein Viertel, in Linden-thal sowie in der Südstadt und Bayenthal sogar ein Drittel — bei einer gestiegenen Wahlbeteiligung.

 

»Wir haben in all unseren Hochburgen gleich viel verloren. Nur dank der Kölner Stimmen sind wir überhaupt noch im Landtag vertreten«, sagt der grüne Landes-vorsitzende Sven Lehmann (37), den wir ein paar Tage später in seinem Bundestagswahlkreis im Kölner Süden treffen. Lehmann und Dröge machen vor allem Fehler bei der grünen Schulpolitik — G8/G9, Inklusion — für die Wahlniederlage verantwortlich, einem Bereich, in dem die Grünen ohne Widerspruch des Koalitionspartners SPD Politik machen konnten. Die Probleme sind haus-gemacht. »Die Grünen in der Regierung haben nicht gut genug darauf gehört, wie viel Druck es in den Schulen gab«, sagt Lehmann. »Man kann die Sachen nicht einfach so durchziehen, auch wenn sie richtig sind.« In der Umweltpolitik habe man immerhin den Tierschutz gestärkt und verhindert, dass der Braun-kohletagebau Garzweiler II ausgeweitet wird. Doch das sei nicht genug gewesen: »Wir hätten mindestens eins der alten Braunkohle-Kraftwerke westlich von Köln abschalten müssen.« Und dann war da noch etwas. Katharina Dröge hat einen Satz im Straßenwahlkampf immer wieder gehört: »Wir wissen nicht mehr, wofür ihr steht!«

 

 

Auch Dorothea Hohengarten zählt zu den Leuten, die das nicht mehr so genau wissen. An einem Abend im August sitzt sie in ihrem Schrebergarten in Bayenthal. »Ein bisschen verwildert« sei es gerade, die Zucchini wuchern, der Rasen ist hoch aufgeschossen. Hohengarten ist eine Grüne — zumindest, wenn »grün« ökologisch meint. Vor sechs Jahren gründete sie das Urban-Gardening-Projekt Neuland auf dem Gelände der ehemaligen Dom-Brauerei. Neuland ermöglicht auf der frei zugänglichen Fläche jedem das Gärtnern, hält Gartensprechstunden ab, arbeitet mit Geflüchteten, lädt Schulen und Kitas zur Umwelt-bildung ein. »Das ist ein ökologisches und soziales Projekt«, sagt Hohengarten — »eine Steilvorlage für die Grünen«. Doch der Kontakt zu den Kölner Grünen ist spärlich, auch wenn sich die Landesgrünen in der Anfangs-phase für das Projekt stark gemacht gemacht hatten. »Ich habe ein gespaltenes Verhältnis zu den Grünen«, sagt Hohengarten. »Ich frage mich schon oft, wo die Grünen sind, wenn ihre Inhalte vertreten
werden sollten.«

 

Auch Thor Zimmermann hat sich das häufig gefragt. Bekleidet mit einem »Refugees welcome«-T-Shirt fährt er mit dem Fahrrad vor einem Ehrenfelder Café vor. 2009 trat er erstmals für die Wählergemeinschaft Deine Freunde bei den Kommunal-wahlen an. Seither sitzt er im Kölner Stadtrat, nach einem Streit mit Deine Freunde mittlerweile als Teil der Wählergruppe Gut. Wenn Zimmermann erklären soll, wofür die »Guten« stehen, bezeichnet er sie als »moderne Grüne« .

 

Wenn er über die Grünen spricht, tut er das grundsätzlich mit Wohlwollen. Er sagt aber auch: »Mich irritiert, dass die Grünen in Köln nicht öfter deutlich Position beziehen. Ihr Profil ist unscharf.« Die »Guten« propagieren etwa eine schnelle Verkehrswende, stärkere Partizipation oder den Erhalt von Grünflächen. Dass diese politische Agenda neben den Grünen bestehen kann, schreibt Zimmermann auch der Tatsache zu, dass die Grünen ihre einstigen Kernthemen nicht mehr konsequent besetzen. Er selbst kennt grüne Politik aus der Innensicht: Als Jugendlicher fieberte er auf seinen 16. Geburtstag hin, um Mitglied bei den Grünen werden zu können. Eine grüne Jugendorganisation gab es damals nicht in Sindelfingen, heute Kretschmann-Land. »Für mich standen die Grünen immer für eine linke Opposition«, sagt Zimmermann. Dieses Profil sei ihnen auf allen politischen Ebenen abhanden gekommen. »Ich würde mir wünschen, dass sich die Grünen wieder öfter für Baumhäuser einsetzen als für den Glaspalast.«

 

Im Weg steht den Grünen dabei auch das, was sie in ihrer Anfangszeit nicht müde wurden zu kritisieren: Bündnisse und Koalitionen, realpolitische Zwänge. »Im Gegensatz zu den Grünen können wir uns herausnehmen, Themen pointierter rüberzubringen und eindeutiger Stellung zu beziehen«, sagt Thor Zimmermann. Gemeinsam mit den Grünen hat er zwar den Wahlkampf von OB Henriette Reker unterstützt, im Rat aber behält er sich vor, die schwarz-grüne Koalition nur lose zu begleiten.

 

 

Die Auseinandersetzung darum, wie weit man sich real-politischen Zwängen unterwerfen solle, hat die Grünen immer schon begleitet, vor allem auf Bundesebene. Um den Koalitionsfrieden mit der SPD zu wahren, stimmten die Grünen der Agenda 2010 zu. Und sie trugen 1999 den ersten Angriffskrieg des wiedervereinigten Deutschlands gegen den Kosovo mit. Ex-Grüne wie Jutta Ditfurth oder Thomas Ebermann erzählen dies als Geschichte eines Verrats. Diejenigen, die in der Partei geblieben sind, begreifen es als Bildungsroman — so auch in Köln.

 

Als die Grünen 1984 erstmals in den Kölner Stadtrat einziehen, ergeht es ihnen ähnlich wie ein Jahr zuvor den Kollegen rheinaufwärts im Bundestag: Politiker von CDU und SPD sind schockiert über die Neulinge mit ihren selbstgestrickten Wollpullovern. »Wir wurden damals als Outlaws wahrgenommen und auch so behandelt«, sagt Jörg Frank, der seit 2010 Geschäftsführer der Grünen-Fraktion ist. Schon Mitte der 1980er Jahre war er im Kölner Parteivorstand aktiv, seit 1989 ist er Ratsmitglied.

 

So gut es geht, werden die Grünen ignoriert und in bestimmte Gremien oder Sitzungen gar nicht erst ein-ge-laden. Sie gehen trotzdem hin. »Wir fühlten uns deren Regeln nicht verpflichtet. Ich hätte ein Spektakel veranstaltet, wenn die mich des Raumes verwiesen hätten. Aber das hat sich niemand getraut«, erzählt die langjährige Fraktions-chefin Barbara Moritz. Seit Ende der 70er Jahre regiert eine Große Koalition im Rathaus, angeführt von der SPD. »Die CDU bekam ihre Spielflächen, personeller Art, eher selten inhaltlich«, so Jörg Frank. Auch seine Partei-kollegin Moritz erinnert sich, wie sich CDU und SPD die Posten in der Verwaltung untereinander aufteilten: »Wir nannten dies ›das Gleichgewicht des Schreckens‹.«

 

Die ersten beiden Ratsperioden bis 1994 bemühen sich die Grünen, diesen Parteienfilz zu durchdringen. »Wir haben uns abgearbeitet an den Megaprojekten des Kölschen Klüngels«, sagt Frank. Der Rat diskutiert über den Bau einer großen Veranstaltungshalle und lässt schließlich den Oppenheim-Esch-Fonds die heutige Lanxess-Arena samt benachbartem Stadthaus errichten — der erste in einer Reihe von Immobiliendeals mit dem Investor Josef Esch, mit denen sich die Stadt auf viele Jahre an völlig überteuerte Mietverträge bindet und die den Haushalt noch heute belasten. Man habe damals eine massive Enthüllungspolitik betrieben, um »den Ausverkauf öffent-licher Interessen und städtischen Vermögens« anzuprangern, so Frank.

 

Verhindern können die Grünen den Ausverkauf allerdings nicht, ebenso wenig wie die von sozialdemokratischer Großmannssucht getriebenen Projekte Media-park und das Medienzentrum Coloneum in Ossendorf. Doch bald ändern sich die Machtverhältnisse im Rat. Wegen einer Aktienaffäre muss der OB-Kandidat Klaus Heugel 1999 kurz vor der Wahl zurücktreten; Harry Blum (CDU) wird Oberbürgermeister. Wenige Monate später stirbt Blum überraschend — doch er und Barbara Moritz haben bereits die Weichen gestellt für die erste schwarzgrüne Koalition, die unter Blums Nachfol-ger Fritz Schramma 2003 offiziell unterzeichnet wird.

 

»Schon zu Zeiten der großen Koalition haben Blum und ich Absprachen getroffen«, erzählt Barbara Moritz. Gegen den Willen der SPD beschließen CDU und Grüne gemeinsam, das Wallraf-Richartz-Museum an seinem heutigen Standort und nicht etwa zwischen Dom und Hauptbahnhof zu bauen. Auch der Erhalt der Stadtteilbüchereien und des Kunsthauses Rhenania im Rheinauhafen gehen auf schwarz-grüne Beschlüsse zurück. 2003 schließlich gelingt es den Grünen, den Verkauf der städtischen Wohnungsgesellschaft GAG zu verhindern — es ist ihr bislang größter Erfolg im Rat. Heute müssten ihnen die anderen Parteien dafür angesichts von Wohnungsnot und explodierenden Mieten eigentlich die Füße küssen.

 

Die Partei der Besserwisser hat bei vielem Recht gehabt. Bei der Forderung etwa, Stellen in der Verwaltung nach Kompetenz zu besetzen. Oder dem Verlangen nach mehr Bürgerbeteiligung. Oder beim Verkehr: »Dass wir in der Stadt wieder Alleen haben, die nicht alle zugeparkt sind, dass wir mehr Radwege haben, das Job- und Schülerticket — das sind alles Impulse, die von uns kamen«, sagt Moritz. Diese Dinge würden heute als selbstverständlich betrachtet. »Es kommt einem so vor, als hätten sich bestimmte Dinge erledigt.« Die Wähler — sie sind undankbar.

 

 

Vielleicht sind sie aber auch frustriert. Zum Beispiel über das Versagen der Verwaltung, die es seit Jahren nicht schafft, Schulen oder Museen zu sanieren, von einer Oper ganz zu schweigen. Seit mehr als 30 Jahren sitzen die Grünen im Rat, und trotzdem: »Am Missmanagement in der Verwaltung haben wir nichts ändern können«, gibt Moritz zu. 

 

Manchmal haben die Grünen Köln sogar aus eigener Kraft noch weiter ins Verderben geführt. In das Jahr ihres GAG-Erfolgs 2003 fällt auch ihr schwerster Fehltritt. Die Partei, die sich stets den Kampf gegen den Klüngel auf die Fahnen geschrieben hatte, stimmt einem Deal mit dem Oppenheim-Esch-Fonds zu. Als RTL größere Räume sucht, sich aber nicht von der SPD in das überdimensionierte Ossendorfer Medienzentrum locken lassen will, droht das Unternehmen, die Stadt zu verlassen. Panisch bietet die Stadt RTL die alten Messehallen an, lässt sich vom Oppenheim-Esch-Fonds neue errichten — und bindet sich an die bekannten halsabschneiderischen Mietverträge. Obwohl die Grünen im Vorfeld zu entscheidenden Sitzungen in der Sparkasse nicht eingeladen werden, stimmen sie dem Deal zu. Wenn Barbara Moritz heute über diese Entscheidung spricht, ist ihr die Bestürzung darüber deutlich anzusehen. »Wir haben uns unter Zeitdruck setzen und uns nach Strich und Faden belügen lassen. Wir haben das alles sehr bereut«, sagt sie.

 

So hart will ihr Parteifreund Jörg Frank nicht mit sich ins Gericht gehen. »Als haushaltstragende Fraktion mussten wir uns der Frage nach den ökonomischen Folgen stellen, falls RTL als großer Steuerzahler und Flaggschiff der Medienbranche die Stadt verlässt.«
Der Deal habe gewirkt wie ein »scharfes Medikament«. Dass dieses harte Nebenwirkungen zeigen würde, sei zumindest der grünen Frak-tions-spitze durchaus klar gewesen.

 

Als Outlaws gelten die Grünen schon lange nicht mehr, und ihr Geschäftsführer Jörg Frank schon gar nicht. Das Strippenziehen beherrscht er heute vielleicht sogar besser als jeder andere im Kölner Rathaus. Um einen SPD-Oberbürgermeister Jochen Ott zu verhindern, zauberten die Grünen die parteilose Henriette Reker aus dem Hut und holten CDU, FDP, Freie Wähler und die damalige Wählergruppe Deine Freunde ins Boot. Im Rat haben die Grünen so viel Macht wie nie zuvor.

 

 

Die Geschichte der Kölner Grünen hat ein Leitmotiv: Sie sehen sich selbst als die Partei, die die Modernisierung der Kölner Lokalpolitik eingeleitet hat und in der etwa die wachsende Kreativwirtschaft ab den 90er Jahren einen Partner hatte. Pop, Bio-Lebensmittel und irgendwas mit Medien machen waren keine Widersprüche, die LGBT-Szene sorgte für weitere Wählerstimmen. Doch das Milieu bröckelt. Bei der Landtagswahl im Mai ver-loren die Grünen Stimmen, und zwar in zwei Richtungen: an die FDP, deren Spitzenkandidat Christian Lindner sich ein Image als Start-Up-Politiker zugelegt hat. Den größten Teil der grünen Stimmen in Köln konnte aber Die Linke für sich erobern.

 

»Laut unseren Wahlanalysen werden wir wegen der Ökologie gewählt«, sagt Katharina Dröge. »Aber unsere Wähler erwarten von uns, dass wir auch das Soziale bedienen, sonst machen sie ihr Kreuz woanders.« Dröge nimmt an einem rot-rot-grünen Gesprächskreis teil. In der ver-gangenen Legislaturperiode hat sie einen Großteil ihrer Arbeitszeit damit verbracht, verschiedene Initiativen gegen das Freihandelsabkommen TTIP zu unterstützen, darunter auch die Resolution des Kölner Rates. »Es wird immer wieder behauptet, wir seien intellektuell-elitär. Ich sehe das anders«, sagt Dröge. Als grüne Partei müsse man auch für arme Menschen Politik machen und ihre Sorgen ansprechen. »Ich glaube, dass viele Menschen den Eindruck haben, dass große Konzerne die Politik in Deutschland bestimmen. Wenn man Lobbyismus bekämpft, könnte man Vertrauen in die Politik zurück-gewinnen.« Sven Lehmann begreift seine Partei daher auch eher als »Anti-Verbotspartei«, die nicht den Konsumenten etwas vorschreiben, sondern die Industrie in die Pflicht nehmen müsse, gute Produkte herzustellen.

 

Die Bundespartei scheint jedoch eine andere Richtung einzuschlagen. Parteichef Cem Özdemir verkündet auf seinem Wahlplakat: »Zwischen Umwelt und Wirtschaft gehört kein Oder«, und der grüne Minister-präsident Winfried Kretschmann kommt nach der Diesel-affäre auf die originelle Idee, die Autoindustrie zu verteidigen. Wo bleibt der Aufschrei? »Die Bundesspitze hat ein Problem, das zu formulieren«, findet Jörg Frank und fragt sich, warum in der Dieselaffäre niemand über strafrechtliche Konsequenzen für Automanager -spreche. Auch Sven Lehmann plädiert dafür, die Dinge deutlicher und emotionaler anzugehen. »Wir sehen sonst keine Möglichkeit, dass sich Politik ändert.« In der Vergangenheit hätten sich viele der Themen, die die Grünen emotional nach außen getragen haben, als richtig erwiesen.

 

Dieses Mal stehen die Grünen jedoch vor einem -Pro-blem. Sie waren die ersten, die offensiv mit einer Identität jenseits von Nation und Klasse Politik gemacht haben: mit Feminismus oder LGBT-Rechten. Die Ein-führung der »Ehe für alle« war der größte Erfolg dieser Form von Identitätspolitik. Jetzt aber sind sie mit einem Rechts-populismus konfrontiert, der ebenfalls offensiv eine Identität verfolgt: die deutsche. »Rechte Parteien spielen das Soziale und Identität gegeneinander aus«, sagt Sven Lehmann. »Die Grünen müssen die soziale Frage wieder stärker in den Vordergrund rücken.«

 

Wie wird es denn ausgehen, am Wahlabend des 24. September, bei dem Angela Merkel vermutlich in ihre vierte Amtsperiode gewählt wird? »Ich halte nichts davon, eine Wahl im Vorhinein verloren zu geben«, sagt Sven Lehmann. Katharina Dröge ist da weniger optimistisch: »Aktuell reicht es für Rot-Rot-Grün nicht. Wir -Grünen sind momentan eine Acht-bis-zehn-Prozent-Partei.« Das wäre in diesem Fall schon ein Erfolg.