Rette sich, wer kann!

Die Ratsmitglieder der Piraten sind aus der Partei ausgetreten — nachvollziehbar und bedenklich

 

 

»Piraten wirken« — der Slogan der Piratenpartei war lange nicht so treffend wie heute. Allerdings ist die Wirkung der Piraten mittlerweile eher abschreckend. Damit wollten sich die beiden Kölner Ratsmitglieder Lisa Gerlach und Thomas Hegenbarth nicht mehr abfinden. Sie sind bei den Piraten ausgetreten, für die sie 2014 in den Rat der Stadt eingezogen sind. Als Grund nannten sie den »desolaten Zustand der Gesamtpartei«. Mit dem Austritt verbinden sie die Hoffnung, mit ihrer politischen Arbeit künftig »besser wahrgenommen zu werden«.

 

Lieber parteilos als Pirat? Auf der einen Seite gehen Gerlach und Hegenbarth einen nachvollziehbaren Weg. Die Piratenbewegung hat Schiffbruch erlitten. Für keinen der etlichen Wahlverlierer sind die jüngsten Ergebnisse eine derart existentielle Bedrohung wie für die Piraten. Im Mai hatten sie bei der NRW-Landtagswahl gerade mal ein Prozent der Stimmen geholt und waren krachend aus dem letzten Landesparlament geflogen. Bei der Bundestagswahl (0,4 Prozent) und der Niedersachsen-Wahl (0,2 Prozent) sah es erwartungsgemäß noch schlimmer aus. Vergessen die Zeit, in der die Partei mit der damaligen Frontfrau Marina Weisband die etablierten Parteien mit ihrer »Netzpolitik« überrumpelte, Wähler begeisterte und in vier Landtage einzog. Jetzt gelten die Piraten als konzeptlos. Gerlach und Hegenbarth verlassen nun das sinkende Piratenschiff, damit ihre politische Perspektive nicht gleich mit absäuft. Denn vor allem Hegenbarth hat sich ambitioniert in die Debatten des Stadtrats eingebracht — zum Pfandsystem für -Coffee-to-go-Becher, dem fahrscheinlosen ÖPNV oder der digitalen Agenda der Stadt.

 

Auf der anderen Seite aber ist ihr Austritt bedenklich, da -Gerlach und Hegenbarth ihre Mandate nicht als Parteilose erkämpften, sondern mit den Ressourcen ihrer damaligen Partei. Im Rat säßen sie heute nicht ohne das Piraten-Label. Auch haben sie sich der Pflicht entledigt, sich vor einem Kreisverband oder der Parteibasis verantworten zu müssen. Sie bekunden aber, sich an den Auftrag ihrer Wähler gebunden zu fühlen, die sie bis 2020 mandatierten. Durch einen ähnlichen Vorgang ist im vergangenen Jahr bereits die Wählergruppe »GUT« im Kölner Rat entstanden, die sich von der Gruppe »Deine Freunde« abgespalten hatte.

 

Vom Bundesvorsitzenden der Piraten, Patrick Schiffer, gab es für die Kölner Ratsfrau Gerlach via Twitter zum Abschied warme Worte statt Kritik. Auch er zog Konsequenzen aus dem Abwärtstrend der Piraten: Wenige Tage später gab er bekannt, nicht mehr für den Vorsitz kandidieren zu wollen. Pirat aber bleibt Schiffer.