Lieferschwierigkeiten

Anwohner haben die Ansiedlung eines Rewe-Markts

an der Venloer Straße vorerst verhindert

 

»Wir sind für Sie da! Ab 2018.« Ein großes Banner hatte Passanten wochenlang darüber informiert, was sie auf dem ehemaligen Woolworth-Gelände in Ehrenfeld erwarten würde: eine Rewe-Filiale. Doch vor wenigen Tagen verschwand das Transparent an der Venloer Straße 310-316. Der Supermarkt wird dort vielleicht nie entstehen.

 

»Wenn man sich rechtzeitig mit uns an einen Tisch gesetzt hätte, würde es den Markt längst geben«, sagt Thomas Wenzlawski. Er blickt über das knapp 10.000 Quadratmeter große Areal zwischen Philippstraße und Hansemannstraße, das südlich an die Venloer Straße heranreicht. Wenzlawski wohnt in der Philippstraße. Mit anderen Anwohnern hatte er im September vor dem Kölner Verwaltungsgericht erfolgreich gegen eine Baugenehmigung für den Immobilienunternehmer WvM geklagt. Der sollte auf einem Teilstück des Areals einen Rewe-Markt mit Frischelager entwickeln.

 

Die Kläger kritisieren, dass der Supermarkt über die Philippstraße beliefert werden sollte, die schmale Straße sich aber nicht für den massiven LKW-Verkehr eigne — wegen des Lärms und der Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer. Die Anwohner teilten dem Bauamt bereits Ende des vergangenen Jahres ihre Bedenken mit, rund tausend Unterstützer unterschrieben zudem eine Petition gegen den Markt. Zu Jahresbeginn brachten die Initiatoren die Ehrenfelder Bezirksvertretung einstimmig hinter sich. Die BV darf zwar nicht über Baugenehmigungen entscheiden, bat das Bauamt aber um Aufschub. Dem wiederum drohte der Investor mit einer Untätigkeitsklage, das Amt erteilte deshalb im März die Baugenehmigung. »Die Verwaltung hat alle Entscheidungen ohne uns Bezirkspolitiker getroffen«, sagt Petra Bossinger, die Vorsitzende der Ehrenfelder SPD. Auch Wenzlawski merkt an: »Es wurde nie nach einer einvernehmlichen Lösung gesucht.«

 

Die Anwohner griffen zum letzten Mittel: der Klage gegen die Stadt — mit Erfolg. »Das ist ein Rechtsspruch erster Klasse«, so Wenzlawski über das Urteil. Den Klägern half ausgerechnet das Bauamt — mit einem Dokument von 1987, welches das betreffende Areal als »Besonderes Wohngebiet« festsetzt. Dessen »Gebietscharakter«, so die Urteilsbegründung, dürfe in keiner Weise verfremdet werden, »die ihm eine Wohnnutzung nicht mehr oder nur noch unter Schwierigkeiten gestattet«.

 

Die Stadt hat gegen das Urteil Berufung einlegen. Das Bauamt teilte auf Anfrage mit, dass die Versorgung des Supermarkts mit den Zielen des Bebauungsplans und der Festsetzung eines Besonderen Wohngebietes vereinbar sei und auch »die mit dem Anlieferverkehr verbundenen Geräusche den Anwohnern zuzumuten sind«. Wenzlawski blickt optimistisch auf die Revision, enttäuscht ist er trotzdem. »Hat die Stadt nicht die Pflicht, unsere Rechte in gleichem Maße zu schützen wie die eines Investors?« Für ihn ergebe sich der Eindruck eines »Zwei-Klassen-Rechts«: Nur wer Zeit, Geld und Sachkenntnisse aufbringe, könne sich zur Wehr setzen.