Die andere Frau: Ida Lupino in »The Bigamist«

Am Tiefpunkt der Emanzipation

Der Filmclub 813 zeigt eine Reihe mit Filmen der Schauspielerin und Regisseurin Ida Lupino

Die 1914 geborene Britin Ida Lupino ist heute am ehesten bekannt als Darstellerin aus den Film-noir-Klassikern »They Drive by Night« (1940) und »High Sierra« (1941) mit Humphrey Bogart. Vergessen wird oft ihre Arbeit als Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin. Zwischen 1949 und 1966 entstanden unter ihrer Leitung insgesamt sieben Kinofilme, außerdem arbeitete sie bis in die späten 60er Jahre regelmäßig für Fernsehserien wie etwa »The Twilight Zone«.

 

Was ihre Karriere besonders ungewöhnlich macht: Sie begann am Tiefstpunkt der Emanzipation in Hollywood. Mit ihrem Debüt »Not Wanted« aus dem Jahr 1949 beendete sie eine Periode von sechs Jahren, in der nach Dorothy Arzners »First Comes Courage« (1943) dort nicht ein einziger Film von einer Frau gedreht wurde. Dass sich das änderte, lag nur an einem Zufall. Als der Regieroutinier Elmer Clifton drei Tage nach Beginn der Dreharbeiten zu »Not Wanted« einen Herzinfarkt erlitt, sprang Lupino ein. Sie selber behauptete, es sei kein Geld dafür da gewesen, einen Ersatz zu engagieren und verzichtete auch auf eine Nennung im Abspann.

 

»Not Wanted« ist in mehrerlei Hinsicht schon typisch für die sechs Filme, die sie zum Teil nach eigenen Drehbüchern bis zum Jahr 1953 drehen sollte: Es ist »Schlagzeilenkino«. Eine Skandalgeschichte, die aus der Zeitung entnommen wurde oder entnommen sein könnte, diente als Grundlage für einen Film, der schnell und billig produziert auf den Markt geworfen wurde. In »Not Wanted« geht es zum Beispiel um die tragischen Folgen einer unehelichen Schwangerschaft, in »Outrage« um das Opfer einer Vergewaltigung. Lupino hat nie die Budgets für Renommierproduktionen bekommen, die ihr einen Platz im Pantheon der Regiegrößen Hollywoods hätte sichern können. Sie lernte, effizient zu arbeiten und dabei trotz der eng gesetzten Grenzen eigene Akzente zu setzen. In der Hinsicht könnte sie tatsächlich Vorbild für ein aktuelles pragmatisch-populäres, aber doch emanzipatorisches Kino sein.

 

In »The Bigamist« (1953) geht es um einen Mann, der heimlich eine zweite Familie hat, was allerdings damit entschuldigt wird, dass seine erste Frau unfruchtbar ist und sich zum Ausgleich »zu sehr« in ihre Arbeit gestürzt hat, statt sich um ihren Mann zu kümmern. Der Film zeigt, wo aus heutiger Perspektive der Feminismus Lupinos aufhört: Karrierefrauen sind in ihren Filmen suspekt. Ihre Selbstverwirklichung muss da aufhören oder wird sanktioniert, wo sie im Widerspruch zur »eigentlichen« Bestimmung der Protagonistin als Ehefrau und Mutter steht. Da ist ihr Werk ganz dem Zeitgeist der Nachkriegsjahre verpflichtet, der die Frauen aus den Fabriken zurück an den heimischen Herd lotsen wollte.