Skandalfilme der Berlinale

Filmgeschichte auf Kölner Leinwänden vorgestellt von Olaf Möller

Wahrscheinlich wird die Berlinale einen auch dieses Jahr wieder mit dem Gefühl in den Kinoalltag und das Alltagsleben zurückschicken, dass das noch nicht alles gewesen sein kann, dass es schon um ein bisschen mehr gehen könnte. Aber was für ein Mehr? Eine vielleicht etwas schlichte, dennoch auf den Punkt kommende Antwort liefert eine kleine Reihe im Filmclub 813 mit dem Titel »Berlinale-Skandale«: Während in Berlin die Festspiele ihren Gang nehmen, werden hier vier Werke gezeigt, die dort für Aufregung sorgten.

 

Mir scheint es aber gewagt, Patrice Chéreaus vulgärexistentialistischen audiovisuellen Heftroman »Intimacy« (2001) in eine Reihe zu stellen mit Michael Verhoevens Vietnamkriegs-Allegorie »o.k.« (1970), Michael Ciminos Mixtur aus Americana-Melodram und Reißer »Die durch die Hölle gehen« (1978), sowie Reinhard Hauffs RAF-Melodram »Stammheim« (1986)

 

Die Aufregung um die »echten« Sexszenen in »Intimacy«, das waren Kinkerlitzchen — während es bei den anderen drei Filmen um Alles ging. Wegen »Die durch die Hölle gehen« zogen die Ostblockstaaten alle Filme vom Festival zurück, da Ciminos Film angeblich das vietnamesische Volk beleidige und gegen das Prinzip der Völkerverständigung verstoße. Am folgenreichsten war aber fraglos »o.k.«, in dem die Vergewaltigung und Ermordung der Vietnamesin Phan Thi˙ Mão durch US-Soldaten im Jahre 1966 irgendwo im bayrischen Wald mit seinerzeit wenig bekannten Darstellern re-konstruiert wird: Deutsche machen den Vietnamkrieg vor und nach. Eine Brecht’sche Blutgrätsche, die auf Betreiben des nicht unbedingt als Kriegstreiber bekannten Mitglied des Wettbewerbs George Stevens, Regisseur u.a. von »Giganten« (1956), zum Abbruch des Festivals führte und einen mehrjährigen Quasiboykott durch die offizielle US-Filmindustrie nach sich zog. Untergegangen ist in dem ganzen Trubel, dass »o.k.« ein beeindruckendes Stück politisches Kino ist — ein Modell, dass in dieser Schärfe, Zugespitztheit und Härte nie Schule machte. Ähnlich ging es »Stammheim« — aber wahrscheinlich kann man zu diesen Ereignissen auch nur Einzelstücke ohne Morgen schaffen..