»Shape of Water«

Guillermo del Toro hat ein Monsterfilm-­Gesamtkunstwerk erschaffen

»Seit meiner Kindheit glaube ich an Monster, sie haben mich gerettet«, sagte der mexikanische Regisseur Guillermo del Toro (»Pans Labyrinth«) sichtlich bewegt, als er Anfang Januar für »Shape of Water« den Golden Globe für die beste Regie entgegennahm. Letztlich gutherzige Monster wie der Amphibienmann aus Jack Arnolds »Der Schrecken aus dem Amazonas« (1954), den er als Sechsjähriger im Fernsehen sah und der ihn wie kaum ein anderer Film prägte. Del Toros Hommage an diesen Horrorfilm-Klassiker spielt im Baltimore der frühen 1960er Jahre. Er erzählt von der stummen Elisa (Sally Hawkins in ihrer besten Rolle seit »Happy-Go-Lucky«), einer alleinlebenden jungen Frau, die als Reinigungskraft in einem Hochsicherheitslabor der US-Regierung arbeitet. Dort ist gerade ein unbekanntes Amphibienwesen aus dem südamerikanischen Regenwald eingeliefert worden, an dem nun allerlei Experimente vorgenommen werden sollen — für die sich auch die Russen interessieren.

 

Die zarte, sensible Elisa sieht in der Kreatur schnell, trotz aller äußeren Unterschiede, eine verwandte Seele und zwischen den beiden entwickelt sich zaghaft eine Zuneigung. Sie bringt ihm hartgekochte Eier mit, spielt ihm Jazzplatten vor und lehrt ihn Zeichensprache. Mithilfe ihrer smarten Kollegin Zelda (Octavia Spencer) und ihrem gutmütigen Künstlernachbarn Giles (Richard Jenkins) versucht sie schließlich, den Fischmann aus den Fängen der Wissenschaftler und eines skrupellosen Sicherheitsbeamten (Michael Shannon) zu befreien.

 

Del Toro gelingt ein wilder, aber überzeugender Genremix aus Monsterfilm und Erwachsenenmärchen, Liebesgeschichte und Spionagethriller, Busby-Berkeley-Musical und Historiendrama mit aktuellen politischen Bezügen. Spektakulär stellt er seine überbordende Imagination und seine inszenatorischen Fähigkeiten zur Schau. Mit seiner detailverliebten Ausstattung und den Kostümen in unzähligen Grüntönen sowie der fließenden Kamera von Dan Laustsen und der Filmmusik von Alexandre Desplat kommt der Film ziemlich nah an das heran, was seit Richard Wagners Opern als Gesamtkunstwerk bezeichnet wird.

 

»Shape of Water« ist vor allem ein alle Sinne betörender, zutiefst bewegender Kinozauber. Auf dem Filmfest in Venedig wurde er zu Recht mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. Wie gut, dass Guillermo del Toro noch immer an seine Monster glaubt.