Musik aus dem Netz

Kahvi Collective ist ein aus der Demoszene (der von der 8-Bit-Ära bis heute andauernden Form digitaler Kunst) entstandenes und mittlerweile in Finnland beheimatetes Netlabel. »Mission: Freie elektronische Grooves sammeln und zur Verfügung stellen. Einsatzgebiet: Internet.« (Kahvi.org) Kürzlich hat das seit fast zwanzig Jahren existierende Label die Compilation »Trip to Proxima B« veröffentlicht. 37 Tracks von IDM über Downtempo bis zu Ambient, die größtenteils angenehm durchzuhören sind, manchmal aber zu stark an einflussreiche Vertreter der Genres wie Boards of Canada oder Aphex Twin erinnern. Ein bisschen Schrott ist auch dabei. Anspieltipps: Der Opener »Glimpses« von »Confessor« und »Catfish«, ein Remix des gleichnamigen und auch sehr hörenswerten Songs des Delta-Blues-Gitarristen David »Honeyboy« Edwards, hier: youtu.be/Xoa1UOtoTcU 


A propos Remix: Für ein aus der Cracker-nahen Demoszene entstandenes Netlabel ist die Kahvi-Lizenzpolitik ziemlich strikt: Creative Commons BY-NC-ND, heißt übersetzt: Remix nicht erlaubt (nicht-kommerzielle Weitergabe allerdings schon).

 

 

Mit CL-X hat das Berliner Crazy Language-Netlabel jüngst eine »A/V Compilation« herausgebracht. Die kann man sich auf crazylanguage.bandcamp.com für umme oder zum »Nenn’ Deinen Preis« runterladen, streamen und, noch besser: gucken und hören gleichzeitig. Alle Tracks wurden von einem Videokünstler namens Lasal visualisiert. Dafür und natürlich auch mit Blick auf zukünftige audiovisuelle Veröffentlichungen leistet sich das Label einen Vimeo Pro-Account und besteht darauf, dass man sich bitte nicht mit der minderen Qualität der via Bandcamp oder Vimeo gestreamten Videos begnügt. Stattdessen möge man die Videos gleich in 1080p auf den Rechner runterladen und dort mit dem richtigen Codec anschauen und anhören. Welch sympathisches Nerdtum. In der Tat sind Animationen und Tracks schön, viele der Künstler haben ihren eigenen Stil gefunden — so wie das Label auch. Mir haben es insbesondere das chiptunig-ambiente »Little Mind Sparks« von Burdeos oder Lacklusters »Labyrinthine« angetan.


vimeo.com/crazylanguage

 

 

 

Ach ja: Starfrosch.com, Schweizer Website, Aggregator und Ranking-Algorithmus für »royalty free« — ich hasse diesen Begriff, und aufmerksame Leserinnen und Leser dieser Kolumne wissen: Frei heißt nicht umsonst — Musik hat die zehn popu--lärsten Künstlerinnen und Künstler aus eben diesen Segment ermittelt: starfrosch.com/2017/12/29/

 

Ich finde ja, dass das Quatsch ist. Ist die Musik jetzt populär, weil sie umsonst ist — oder weil sie gut ist? 

 

 

 

Bezüglich der in letzten Ausgabe besprochenen King Gizzard & the Lizard Wizard bin ich übrigens zu folgendem Schluss gekommen: Es war ein Promo-Gag. Keine anderthalb Monate nach »Polygondwanaland« ist ihr neues Album »Gumboot Soup« erschienen, für 16,99 australische Dollar. Wer die bekloppte Band aus Australien mal live sehen will, kann das im März in Berlin, Hamburg, Leipzig oder München tun, Köln haben sie leider nicht auf der Karte.