© Rheinisches Bildarchiv Köln, Wolfgang F. Meier, rba__d029085

Die Fratzen des Kolonialismus

Das Rautenstrauch-Joest Museum zeigt den kolonialzeitlichen Blick auf die Europäer

Es ist eine erfreuliche Entwicklung, dass zuletzt zunehmend Museen aller Ausrichtungen ihre Bestände unter postkolonialen Gesichtspunkten neu auswerten. Trotzdem bleibt das Thema heikel. Nicht zuletzt weil die Aufarbeitung von europäischer Warte aus schnell den Eindruck erwecken kann, als wäre bei der Bewusstseinsentwicklung für das Unrecht der kolonialen Gräuel und ihre bis heute spürbaren Konsequenzen immer noch irgendwie Beihilfe notwendig.

 

Die derzeitige Sonderausstellung im RJM ist gerade deswegen ein gutes wie einzigartiges Gegenstück, da sie bezeugen kann, dass man den kolonialisierten Völkern zwar vieles nehmen konnte, aber nicht ihr Verständnis von Unrecht, und auch nicht den Willen zur Äußerung darüber.

 

Der einstige Museumsdirektor und erklärte Antikolonialist Julius Lips (1895-1950) sammelte in den Jahren um die Weltwirtschaftskrise 1929 systematisch Europäerdarstellungen von indigenen Künstlern aus kolonialisierten Ländern, die nun zum ersten Mal versammelt gezeigt werden. Es ist kein besonders schmeichelhaftes Bild, das sich ergibt. Die Kolonialherren werden als Schreckensfiguren porträtiert, die so furchterregend sind, dass sie, an der Türschwelle aufgestellt, zur Abhaltung von Unheil und Krankheit taugten. Besonders eindrucksvoll in Erinnerung bleibt auch ein meisterlich geschnitzter Elfenbeinzahn, der in einer erzählerischen Spirale den moralischen Zerfall durch die Kolonialisierung bildlich macht. Über allem thront auch hier als sprichwörtliche Spitze die Figur eines Europäers. 

 

Darüber hinaus gelingt es dem Museum durch gut aufbereitete Zeittafeln einen zweiten Aspekt ins Bewusstsein zu rücken: Zwei der bei Julius Lips noch anonymen Künstler, der australische Aborigene Tommy McRae und Thomas Onajeje-Odulate aus Nigeria, deren künstlerisches Wirken sich inhaltlich und stilistisch im Kulturkontakt wandelte, werden mit ihrer Geschichte als moderne Zeitgenossen des Direktors — und eben der Modernen in Europa — vorgestellt. Auch in dieser Hinsicht wird das Museum mit der Ausstellung seinem Konzept einer gleichberechtigenden Reflexion über die Kulturen gerecht, da sie den Kolonialisierten den kulturellen Austausch zumindest im Bereich der Kunst als möglichen Gewinn zugesteht.

 

So kann am Ende diese mit zwei Räumen wirklich sehr kleine Ausstellung doch einen großen Beitrag leisten.

 

»Der Wilde schlägt zurück«, Rautenstrauch-Joest-Museum, Cäcilienstraße 29–33, bis 3.6., Di–So und Feiertage 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr