Wonderland Ave.

Am Anfang war Geoffrey Hinton. Der Professor für Informatik stellte sich eine große Frage: Wie funktioniert das menschliche Gehirn? Später kam die Frage dazu: Wie lässt es sich auf Algorithmen und künstliche neuronale Netzwerke übertragen? Das Ergebnis: Künstliche Intelligenz (KI). 

 

Das ist also die Zukunft der Menschheit? Zumindest sieht das Sibylle Berg so in ihrem neuen Stück »Wonderland Ave.«. KI und Roboter haben die Macht übernommen und bereiten das ausgesonderte »Humankapital« in einer Wellness-Anlage mit dem Namen »Wonderland Avenue« sanft an sein nahes Ende vor. Die Künstliche Intelligenz ist klug genug, die Menschen dabei nicht sich selbst zu überlassen, und lässt ihre Gehirne bei Sport den gewohnten Wettbewerb simulieren, um sich so an alte Konkurrenzkämpfe, Selbstoptimierungspläne, gescheiterte Paarungsprojekte oder sinnlose Freizeitprogramme zu erinnern. Klingt eintönig, ist es auch. Und die KI ist doch nicht klug genug. Denn es fehlt den Menschen etwas entscheidendes: Arbeit. Ihrer Produktivität beraubt, und auf ihre nackte Existenz zurückgeworfen, stellen sie sich die Frage nach dem Sinn des Lebens.

 

Wie das Ganze ausgeht? Vielleicht so, wie Hinton es beschreibt: »Es ist wie damals, als es die ersten Dampfmaschinen gab und die Menschen ein Wett-Tauziehen veranstalteten, wer stärker ist. Als das erste Mal eine Dampfmaschine gewann, war es vorbei. Der Mensch hatte nie wieder eine Chance.«

 

Spannend wird, wie Regisseur Ersan Mondtag, It-Boy des deutschsprachigen Theaters und mit 31 Jah-ren schon zwei Mal zum Theatertref-fen nach Berlin eingeladen, in seiner Uraufführung von Bergs Stück diesen Wettkampf sieht. Für seine bild--gewaltigen Stücken gefeiert, auch dieses Mal hat er das Bühnenbild selbst entworfen, bewegt er sich an der Schnittstelle zwischen Theater, Musik, Performance und Installation.

 

In einem Interview mit der taz beschreibt er das Theater als einen Denk-Raum, wo der Zuschauer at-men könne und Gedankenanstöße bekomme, die sie dann in die Gesellschaft übertragen könnten. »Wonderland Ave.« ist seine erste Arbeit am Schauspiel Köln.

 

 

Wonderland Ave., A: Sibylle Berg, R: Ersan Mondtag, Termine: 8. (UA), 9., 12., 22., 24., 26.6., Depot 2, 20 Uhr