Sorgeberechtigte Bürger: Vätervereine in Köln , Foto: Thorsten Vanselow

Dubiose Väter

Der Verein »Väteraufbruch für Kinder« wirkt im ­anti-feministischen Milieu. In Köln erhält er Aufwind

»Eltern-Kind-Entfremdung in das Strafgesetzbuch« stand in großen, schwarzen Lettern auf dem Plakat, emporgestreckt in die warme Luft des Sommertages. Rund hundert Demonstrierende hatten sich Anfang Juni auf dem Bahnhofsvorplatz versammelt, um auf die teilweise schwierige Situation von getrennt lebenden Eltern aufmerksam zu machen. Doch wer genau hinsah, bemerkte: Es waren fast nur Männer gekommen. Unter dem Motto »Allen Kindern beide Eltern« zogen sie mit Pfeifen, Trommeln und Transparenten durch die Innenstadt. Aufgerufen zu der bundesweiten Demonstration hatte der Kölner Kreisverband des Vereins »Väteraufbruch für Kinder«. Seine Forderung: Ein gesetzlich verankertes Sorgerecht für beide Elternteile ab der Geburt des Kindes.

 

Doch wer steckt hinter diesem Verein? Auf seiner Webseite wirbt der »Väteraufbruch für Kinder« damit, die bundesweit einzige Anlaufstelle zu sein, die speziell Vätern beratend zur Seite stehe. Viele würden sich hilfesuchend an den Verein wenden, heißt es, weil sie im Sorgerechtsstreit von Jugendämtern falsch beraten -worden seien — oder im Fall von »Diskriminierung in Form von mangelnder Geschlechtergleichstellung«. Das vermeintliche Problem: »Viele Väter, die sich an uns wenden, fühlen sich von Jugendämtern immer wieder benachteiligt und haben das Gefühl, Jugendämter würden einseitig und willkürlich handeln.« Wer Hilfe sucht, findet sie in Köln beim kostenlosen Beratungstelefon, regelmäßigen Workshops oder einer Selbsthilfegruppe, die sich zweimal im Monat in den Räumen der Alten Feuerwache trifft.

 

Rund 3000 Mitglieder zählt der Verein »Väteraufbruch für Kinder« bundesweit. Thomas Gesterkamp, Kölner Publizist und Autor, untersuchte 2010 in einer umfassenden Expertise für die Friedrich-Ebert-Stiftung die Männerrechtsbewegung in Deutschland. Den Verein »Väteraufbruch« beobachtet er bereits seit seiner Gründung 1988. »Ursprünglich angetreten war die Gruppe mit der Forderung nach einer gleichberechtigten Elternschaft«, sagt Gesterkamp im Gespräch mit der Stadtrevue. Doch seitdem hat sich viel geändert. Neben der moderaten Strömung gibt es heute auch radikalere Stimmen: »Hinter vielen Männerrechtsgruppen steckt eine perfide Strategie. Ihre Namen wirken häufig harmlos, doch in Wirklichkeit ist ihr Programm frauenfeindlich und antifeministisch«, so Gesterkamp.

 

Wirklich nachweisbar ist dies beim »Väteraufbruch in Köln« zunächst nicht. Stattdessen ist es vielmehr die Nähe zu anderen Gruppierungen, die eine politische Stoßrichtung deutlich werden lässt — wie unter anderem im Hinblick auf den »Deutschen Gender-Kongress«, der im Juli 2019 in Köln stattfinden soll. Als Mitorganisatoren werden neben dem »Väteraufbruch« auch offen homophobe und antifeministische Gruppen genannt, darunter die Magdeburger Organisation »Demo für Alle«, die zum Protest gegen die gleichgeschlechtliche Ehe aufruft, und der Verein »MANNdat«, deren Mitglieder auf Online-Plattformen teilweise im AfD-nahen Umfeld agieren. Schaut man sich das Programm des vergangenen Jahres an, wird deutlich: Auch beim »Deutschen Gender-Kongress« steht die angenommene Ungleichberechtigung von Männern im Fokus. »Warum gibt es keine Männerbeauftragte? Warum keine Männerquote?«, heißt es auf der Webseite. Oder: »Wie gerecht ist die Düsseldorfer Tabelle?«, nach der Unterhaltsbedarfe festgelegt werden.

 

»Die Väterrechtsbewegung rückt wichtige Themen in eine negative Ecke«, sagt Thomas Gesterkamp. In seinem Buch »Die neuen Väter« hat er sich mit Rollenbildern in der Familie beschäftigt und weiß: »Gleichberechtigung kann nur funktionieren, wenn auch Männer Care-Arbeiten übernehmen.« Im »Männer Väter Forum Köln«, einer offenen Gruppe von Fachleuten für Beratung, Bildung und Forschung, hat er vor kurzem dennoch seine Mitarbeit eingestellt: »Es ist schade, dass Männerrechtsvereine mit Parolen Stimmung machen und dabei so laut sind, dass andere, emanzipatorische Gruppen kaum mehr gehört werden.«

 

Dabei gibt es solche Gruppen. In Köln setzt sich der Verein »Väter in Köln« seit 2010 für Austausch und Vernetzung von Vätern ein. Als anerkannter Träger der freien -Kinder- und Jugendhilfe bietet er jeden Samstagvormittag Väter-Cafés, regelmäßige Vater-Kind-Wochenenden und Redekreise an. Jürgen Kura, Gründungsmitglied und Vorsitzender des Vereins, sagt: »Es gibt zu wenig Angebote für Väter, die sich um ihre Kinder kümmern.« Gemeinsam mit anderen Trägern wolle man nun ein Väter-Zentrum gründen, in dem man sich treffen, austauschen und Zeit verbringen könne. »Engagierte Väter haben es satt, die Exoten zu sein«, sagt Kura. »Wir wollen als gleich-berechtigter Elternteil ernst genommen werden.«