Western in Südafrika: »Five Fingers for Marseilles«

Afrika auf Augenhöhe

Das Afrika Film Festival modernisiert sich und zeigt dieses Jahr

vor allem Filme über innerafrikanische Migration

»Wir wollen uns weiter professionalisieren und Prozesse verschlanken«, sagt Sebastian Fischer, seit Oktober 2017 Geschäftsführer des Afrika Film Festivals Köln. Christa Aretz und Karl Rössel von FilmInitiativ hatten das Festival 1992 gestartet. Dieses Jahr sind sie in den Ruhestand getreten. Sebastian Fischer und das Festival-Team, erweitert durch neue Mitstreiter, haben eine Modernisierung angestoßen, indem sie unter anderem eine eigene Festival-Website aufgebaut haben, wo Interessierte jetzt gebündelt alle Infos finden. Auftritte in den sozialen Medien sollen die Reichweite steigern und ein breiteres Publikum ansprechen.

 

Zur Verschlankung gehört laut Fischer, das traditionell breite Rahmenprogramm der Veranstaltung abzuspecken und sich mehr auf die Filme zu konzentrieren. In diesem Jahr sind es 75 Produktionen aus 28 Ländern. Sie werden von externen Moderatorinnen oder Moderatoren angekündigt und eingeordnet, die auch im Anschluss die Gespräche mit den Filmschaffenden führen. Moderieren werden unter anderem Schauspielerin und Regisseurin Azizè Flittner, Filmemacher Dennis Todorovic oder Martina Backes, Redakteurin der entwicklungspolitischen Zeitschrift iz3w aus Freiburg. 

 

Flankiert wird das Filmprogramm dieses mal lediglich von zwei Lesungen und einer Virtual Reality-Ausstellung mit Produktionen aus Kenia, Senegal und Ghana in der Stadtbibliothek. Die Literaturwissenschaftlerin Dr. Marion Kraft liest aus ihrem Werk über die Autorin, Essayistin und Feministin Audre Lorde und Moderator Sami Omar aus seinem Buch »Sami und die liebe Heimat« über seine Erfahrungen mit Vorurteilen und Rassismus. 

 

Auf längere Sicht ist geplant, das Afrika Film Festival um ein Branchentreffen zu erweitern. Afrikanische Filmemacherinnen und Filmemacher sollen die Möglichkeit bekommen Kontakte zu Produzenten und Filmverleiher zu knüpfen, um ihre Filme regulär in die deutschen Kinos bringen zu können. »Das Interesse am afrikanischen Film wächst«, sagt Fischer. »Wichtig ist, dass man sich besser abstimmt und mit einer Stimme spricht.« Langfristig wünscht sich das Festival-Team, dass afrikanische Filme ganz selbstverständlich auf internationalen Festivals laufen und ins Kino kommen. Ästhetisch haben Filme aus Nord- und Südafrika laut Fischer internationales Niveau. Die Filmschaffenden sind oft international ausgebildet und stehen im Austausch mit Kollegen aus aller Welt. Spezifisch bleibt der Inhalt, der oft direkt politisch ist. Es geht etwa um den Kampf um Freiheit und Menschenrechte. Für einige ist der Film das einzige Medium, um Protest auszudrücken, weshalb die Werke oft in den Herkunftsländern nicht gezeigt werden dürften, erklärt Fischer. 

 

Dieses Jahr sei es besonders schwierig gewesen, von den Botschaften Visa zu bekommen, um die Künstler nach Köln zu holen. Bei drei Filmemachern sei noch nicht klar, ob es klappt. Nicht immer könnten das Auswärtige Amt oder das Goethe-Institut helfen. Würden die Papiere verweigert, bliebe das Festival auf den Kosten für Flüge und Organisation sitzen. 

 

 

Höhepunkte des Programms

 

Ein Drittel der Titel des 16. Afrika Film Festivals kreisen um Migration, meist innerafrikanische, denn 30 Prozent aller weltweiten Gefllüchteten leben in den Ländern südlich der Sahara. Zum Vergleich: Nur etwa 17 Prozent kommen nach Europa. Einer ist Kumut Imesh, der vor dem Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste quer durch Afrika bis nach Frankreich geflohen ist. Für den Dokumentarfilm »Revenir« macht er sich noch einmal mit Kamera auf den riskanten Weg. Auch Journalist Eddy Munyaneza flieht nach blutig niedergeschlagenen Demonstrationen gegen Präsident Nukurunziza aus seiner Heimat Burundi. In den Unruhen wird er von seiner Familie getrennt und sucht von Senegal aus nach Frau und Kindern. Der Dokumentarfilm »Voetsek! Us, Brothers« geht fremdenfeindlichen Übergriffen an Geflüchteten aus Simbabwe, Burundi und dem Kongo in Südafrika nach. Er lässt Opfer und Täter sprechen, begleitet sie längere Zeit und setzt alles mittels Presseberichten in einen breiteren Kontext.

 

Wie verwundbar ein staatenloser Mensch ist, zeigt der Spielfilm »Apatride«. In der Ko-Produktion aus Marokko, Frankreich und Katar will Hauptfigur Hénia unbedingt aus Marokko in ihre Heimat Algerien zurückkehren. Doch ohne Papiere wird sie zum Spielball anderer. Leichtere Kost bieten der nigerianische Film »Hakkunde« über einen Unternehmer, der im wahrsten Sinne des Wortes aus Scheiße Geld macht, oder die südafrikanische Antwort auf Sergio Leone und Quentin Tarantino: »Five Fingers For Marseilles«. Ein Schwerpunkt bei den Kurzfilmen belebt den Afrofuturismus der 1970er neu. Nicht verpassen: »Stillborn« aus Südafrika. Der Kurzfilm verquickt Postapokalypse-Stimmung mit Hightech-Welt und alten Mythen. 

 

Do 13. bis So 23.9., div. Orte. Info: afrikafilmfestivalkoeln.de