Cold War

Pawel Pawlikowski erzählt von einer Liebe vor dem ­Hintergrund des Kalten Kriegs

 

Polen 1949. Das Land kämpft noch immer mit den Folgen des Krieges, Warschau liegt in Schutt und Asche. Halbherzig schließt sich Wiktor, ein begabter Komponist, einer Musikwissenschaftlerin an, um auf dem Land traditionelle Lieder und Volks-weisen aufzunehmen. Später sollen sie dann von einem Tanz- und Musik-Ensemble aufgeführt werden. Zum Vorsingen kommt auch Zula, zu spät, schlecht vorbereitet und sich frech vordrängelnd, dafür aber mit einer Wahnsinnsstimme. Wiktor ist hingerissen. Er verliebt sich Hals über Kopf in Zula, sie wird zum Star des Ensembles. Einen Auftritt in Ostberlin wollen beide eigentlich nutzen, um in den Westen zu fliehen. Doch Zula erscheint nicht am verabredeten Treffpunkt, Wiktor geht allein nach Paris und spielt fortan Klavier in schummrigen Jazzclubs. Das ist nicht das Ende ihrer Beziehung. Wiktor und Zula werden sich Jahre später wiedersehen, mal in Paris, mal in Jugoslawien, dann wieder in Polen. Nicht mit Dir und nicht ohne Dich.

 

Über 15 Jahre hinweg, von 1949 bis 1964, spannt der polnische Regisseur Pawel Pawlikowski (s. Interview S. 58) den Erzählbogen über eine komplizierte und gerade deshalb überlebensgroße Liebe. Der Film zeigt nur einzelne Episoden aus dem großen Zeitraum, was in den Jahren dazwischen passiert, bleibt der Fantasie des Zuschauers überlassen. Paw-likowski, für »Ida« 2015 mit einem Oscar ausgezeichnet, geht es um die entscheidenden Momente seiner Geschichte, er konzentriert sich auf das Wesentliche, die Dialoge sind kurz und prägnant. Der Kalte Krieg des Filmtitels bildet dabei den politischen Hintergrund, der bis ins Privatleben hineinwirkt: Das kommunistische Polen zwingt Wiktor mit Auflagen und Einmischungen, das Land zu verlassen.

 

Doch es ist nicht nur der Eiserne Vorhang, der die Liebenden trennt. Sie sind in ihrem Temperament, ihrem Ehrgeiz und ihren Ansichten höchst unterschiedlich. Trotzdem kommen sie nicht voneinander los, und das macht die unbändige Kraft ihrer Liebe aus — ein zutiefst romantischer Gedanke, der an die großen Melodramen eines Douglas Sirk oder Frank Borzage erinnert. Doch Pawlikowski hat seinen eigenen Stil. Er hat im strengen, kontrastreichen Schwarzweiß gedreht, das Bildformat ist fast quadratisch (1 : 1.33), betont die Enge im realen Sozialismus. Und dann geht es hier noch um eine andere Liebe, um die Liebe zur Musik. Sie ist mal mit-reißend, mal melancholisch, von Joanna Kulig umwerfend gesungen. Dieser Film ist ein kleines Wunder.

 

 

Cold War (Zimna wojna) POL 2018, R: Pawel Pawlikowski, D: Joanna Kulig,  Tomasz Kot, Borys Szyc, 88 Min.