»Das funktioniert wie beim Büfett«

Im Winter füttern viele Menschen Vögel. Aber ist das überhaupt gut?

Ein Gespräch mit Nabu-Experte Claus Walter

 

Herr Walter, soll man Vögel im Winter füttern?


Wenn man in einer naturnahen Umgebung lebt, ist es nicht unbedingt notwendig. Aber weite Teile Deutschlands sehen eben anders aus. Nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Land. Deshalb kann man verbreiteten Arten schon helfen, wenn man sie füttert.

 

Mit Artenschutz hat das nichts zu tun?


Mit Meisenknödeln rettet man keine aussterbenden Arten. Man müsste die intensive Landwirtschaft ins Visier nehmen. Da ist der Artenschwund drastisch. Wegen Monokulturen mit Mais oder Raps finden etwa Kiebitz, Rebhuhn oder Feldlerche immer weniger Nahrung. Aber denen kann man in der Stadt nicht helfen.

 

Wem dann?


Auch der Bestand häufiger Arten ist stark zurückgegangen. Allerweltsarten wie den Star kann man unterstützen. An Futterstellen in Köln sieht man natürlich jene Vogelarten, die sich ohnehin viel in der Stadt aufhalten: Kohl- und Blaumeisen, Spatzen und Finken, Amseln und Rotkehlchen.

 

Und was schmeckt denen?


Man unterscheidet zwischen Körner- und Weichfutterfressern. Am besten hat man ein bisschen was für jeden da: Sonnenblumenkerne, Getreide, Obstkerne, dazu getrocknete Beeren. Ein großer Gemischtwarenladen. Je vielfältiger, desto besser. Das funktioniert dann wie beim Büfett: Jeder nimmt sich, was er mag. Man kann Futter auch selbst zusammenstellen, sollte aber nie Essensreste verwenden, vor allem kein Brot! Das geht im Magen auf und führt zu Darmentzündungen.

 

Sind die Tiere denn auf Winterfütterungen angewiesen?


Viele Vögel bekommen Probleme, wenn es Frost gibt oder zusätzlich noch eine geschlossene Schneedecke liegt. Aber man sollte mit Fütterungen nicht erst beginnen, wenn Frost und Schnee schon da sind. Die Vögel müssen die Futterstelle erst kennenlernen. Deshalb füttern wir von Anfang November bis Ende Februar.

 

Können Vögel dadurch verlernen, selbst Nahrung zu suchen?


Vögel brauchen zur Brutzeit tierische Kost, also Insekten. Man nahm lange an, dass die Altvögel im Frühjahr aus Gewohnheit weiter an die Futterstellen fliegen. Es gibt aber mittlerweile auch Studien, die das widerlegen.

 

Kann man auch falsch füttern?


Futterstellen müssen sauber sein. Die Vögel dürfen nicht durch ihr eigenes Essen spazieren. Sonst verkotet das Futter, und die Vögel fressen Keime. Das Futter sollte auch nicht feucht werden, weil es dadurch faulen kann. Besser keine Futterstelle als eine schlechte! Klassische Futterhäuser sind eher ungeeignet, besser sind Futtersilos in Trichterform, wo das Futter nachrutscht. Das geht auch auf Balkon oder Fensterbrett. (lacht) Man sollte nur schauen, dass es keinen Ärger mit dem Nachbarn gibt!

Der Vogel auf der Fensterbank hat ja auch einen naturpädagogischen Aspekt. Den würde ich sehr betonen! Vögel aus der Nähe an der Futterstelle zu sehen, ist spannend — die Farbenpracht, die Schnabelformen! Wer als Kind Vögel gefüttert hat, verliert nie wieder das Interesse und Bewusstsein fürs Thema

 

Claus Walter
Claus Walter arbeitet beim Naturschutz-bund Deutschland (Nabu) im Stadtverband Köln. Seine Schwerpunkte sind Vogel-kunde und die Natur auf Friedhöfen.

»Stunde der Wintervögel«

Vogel-Zählaktionen des Nabu, 4.–6.1., u.a. Melatenfriedhof, Infos auf nabu.de