Ein weiterer »Meilenstein Richtung Schickimicki-Trallala«? Ehemaliger Güterbahnhof in Ehrenfeld, Foto: Marcel Wurm

Jack Attack

Bei der Planung des ehemaligen Ehrenfelder Güterbahnhofs wird der Verein Jack in the Box ausgebootet

Wer von Osten auf das Gelände des ehemaligen Ehrenfelder Güterbahnhofs fährt, kommt durch einen Schilderwald. Zwei Immobilienunternehmen haben riesige Standplakate errichtet, am Zaun baumelt die Fahne einer Tiefbaufirma. Sie stehen für die Zukunft des »Ehrenveedels«, das auf dem 70.000 Quadratmeter großen Areal zwischen Vogelsanger Straße und Maarweg entstehen wird. Noch ein Schild hängt neben dem Eingangstor: »Jack in the Box — Verein für Entwicklung innovativer Beschäftigungsförderung«. Vor zwei Jahren musste der Verein den Güterbahnhof verlassen und zog nach Bayenthal. Seitdem streiten Eigentümer, Verwaltung, Politik und Jack in the Box über seine Rückkehr. Eine Lösung ist nicht in Sicht, aber der Baubeginn rückt näher. Das Quartier soll 2021 fertig sein, einige der 500 Wohnungen werden bereits verkauft.

 

»Wir sind Opfer einer Hinhaltetaktik«, sagt Vereinsvorstand Martin Schmittseifer mit Blick auf den Eigentümer Aurelis Real Estate. Jack in the Box war einer der ersten Vereine, der auf dem brachliegenden Bahnhofsgelände Kulturveranstaltungen anbot. Seit dem Umzug nach Bayenthal wollte Jack in the Box an seiner alten Heimat mit einem eigenen Investor ein Kulturzentrum entwickeln — »ein urbanes Leuchtturmprojekt mit weitreichender Strahlkraft«, mit Veranstaltungsräumen und Werkstätten, Ateliers und Proberäumen, Büros für Kultur- und Kreativwirtschaft auf mehreren Tausend Metern Fläche. Aber einen marktüblichen Preis wird der Verein Aurelis nicht zahlen können. Und dann sei auch noch der von Jack in the Box angedachte Investor abgesprungen, um nun mit Aurelis gemeinsame Sache zu machen, berichtet Schmittseifer. Aurelis will 25.000 Quadratmeter im Osten des Geländes bebauen.

 

Im Sommer 2017 erteilte der Stadtrat Aurelis dafür die Erlaubnis, verbunden mit dem Auftrag, »möglichst kulturwirtschaftliche und soziokulturelle Nutzungen zu berücksichtigen«. »Aurelis hat den Hut auf«, sagt Schmittseifer. »Die werden uns vielleicht ein kleines Eckchen für Soziokultur anbieten — und damit hat es sich.« So will sich Jack in the Box nicht abspeisen lassen. Das verstehe er nicht unter einem lebendigen Veranstaltungsort, sagt Schmittseifer. »Es hat nichts mehr mit soziokultureller Nutzung zu tun, wenn man ein paar Büros für die Kreativwirtschaft vorsieht«, sagt auch Christiane Martin. Sie ist Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bezirk Ehrenfeld. »Selbst wenn Jack in the Box nach Ehrenfeld zurückkehren könnte, wäre das alleine noch kein Erfolg«, so Martin. »Es geht um das Wie.«

 

Über das Wie haben Aurelis und Jack in the Box monatelang gesprochen. Anfang 2018 habe man sich nochmals auf eine gemeinsame Planung verständigt, sagt Schmittseifer. »Seitdem ist nichts passiert.« Jack in the Box wirft Aurelis Falschbehauptungen und Ignoranz vor. Nun wollen Niklas Kienitz (CDU), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses und Ehrenfelder, und Bezirksbürgermeister Josef Wirges (SPD) vermitteln. Ende November verfassten sie eine gemeinsame Erklärung, nach der Jack in the Box auf dem Güterbahnhof bleiben soll. Sie -schreiben von konstruktiven Gesprächen, Zuversicht, partnerschaftlicher Weiterentwicklung. Wirges sagt, er wolle verhindern, dass in Ehrenfeld ein weiterer »Meilenstein in Richtung Schickimicki-Trallala« gesetzt wird. Dafür setzt er auf Diplomatie: Bis Ende des Jahres, so sei es vereinbart, werde Aurelis Vorschläge für einen Verbleib von Jack in the Box vorlegen. Im Januar solle in großer Runde darüber beraten werden. »Aurelis steht zu ihren Zusagen, Jack in the Box eine Perspektive im Ehrenveedel zu ermöglichen«, sagt Unternehmenssprecher Dirk Dratsdrummer. Näheres sei noch nicht spruchreif.

 

»Wir werden energisch an die Stadtgesellschaft appellieren«, sagt Martin Schmittseifer von Jack in the Box. Aurelis hat zwar Baurecht, Jack in the Box weiß aber die öffentliche Empörung hinter sich. Und wenn es um den Wegfall von Subkultur geht, ist diese oft größer als bei fehlenden Wohnungen oder Kita-Plätzen.