»Asi mit Niwoh«

Oliver Schwabe porträtiert Jürgen Zeltinger weichgezeichnet, aber nicht beschönigend

»Der Mann war übel beleumundet«, erinnert sich Wolfgang Niedecken an den jungen Jürgen Zeltinger. Ein »Straßenkind vom Allerfeinsten … mit allen Wassern gewaschen«, bestätigt Anton Claaßen, auch bekannt als der »Lange Tünn«, eine Halbweltgröße im Kölner Milieu der 60er Jahre. Beschreibungen, die man kaum in Einklang bringt mit dem rund 300 Pfund schweren Endsechziger, der heute mit seinem E-Scooter gemütlich durch die Nachbarschaft zockelt und in der Kamps-Filiale um die Ecke zu einem Kaffee vorfährt. Aber: »Klar hat’s de vor dem Angst«, bekennt Arno Steffen, Gründungsmitglied der ersten Zeltinger Band, die 1979 gleich mit ihrem ersten Auftritt im alten Roxy an der Aachener Straße Musikgeschichte geschrieben hat.

 

Zeltingers explosives Temperament war legendär. Anekdoten darüber kursieren bis heute in der Kölner Musiker- und Kneipenszene. Aber die »kurze Lunte« befeuerte nicht nur manche Kneipenschlägerei, sie war — und ist — auch Treibsatz für die unübertreffliche Bühnenpräsenz des Kölschrockers. Als Live-Performer ist er bis heute ein Schwergewicht, wenn auch jetzt vornehmlich im Sitzen.

 

Regisseur Oliver Schwabe ist schon so unterschiedlichen Phänomenen wie Freddy Quinn, Heino und Tokio Hotel auf den Grund gegangen, hat aber auch denkwürdiges Material zur ersten Deutschlandtournee der Rolling Stones zusammengetragen. Hier zeichnet er ein Persönlichkeitsprofil, das von der bärbeißigen Rampensau zum entschleunigten E-Scooter-Piloten reicht. Neben der öffentlichen Fassade, die aus Kultsongs wie »Müngersdorfer Stadion«, das titelgebende »Asi mit Niwoh« oder der Schwulen-Hymne »Ich bin en Tunt« besteht, rückt er viel Privates ins Bild. Eine bieder bedrückende Szene aus dem Heimkinoarchiv zeigt das Weihnachtsfest mit Eltern und Schwester, eine Erinnerung an die »Scheißkindheit«, wie Zeltinger urteilt, und an den Vater, der »ein Arschloch« war, ihm aber immerhin die erste Gitarre kaufte — nachts in einer Kneipe, wo denn auch sonst?

 

Schwabe fertigt daraus ein durchweg sympathisierendes Künstlerporträt. Der Blick in die bewegte Vergangenheit wird nicht beschönigt, wenn auch im pastellenen Kölner Lokalkolorit weichgezeichnet. Mir sin wie mer sin. Für investigative Nachfragen ist hier nicht der Platz. Man kann das unkritisch nennen, aber: »Es gibt Geschichten, die kann man er-zählen, und es gibt Geschichten, die kann man nicht erzählen«, umschreibt es Arno Steffen. Dass der Film vom Ausgesparten zumindest jederzeit eine plas-tische Ahnung vermittelt, gerade darin liegt seine besondere Qualität.

 

Asi mit Niwoh. D 2018, R: Oliver Schwabe, 90 Min. Start: 7.2.