»Klasse Deutsch«

»Die lauten und destruktiven Stimmen in der Gesellschaft bekommen zu viel Aufmerksamkeit«, sagt der Kölner Regisseur Florian Heinzen-Ziob. »Diejenigen, die einfach ihren Job machen und dafür sorgen, dass unser Gemeinwesen funktioniert, bleiben dagegen im Schatten.« Sein Dokumentarfilm »Klasse Deutsch« stemmt sich gegen solch eine fatale Aufmerksamkeitsökonomie. Ein halbes Jahr hat er eine sogenannte »Vorbereitungsklasse« an der Henry Ford Realschule in Köln Chorweiler mit der Kamera begleitet. Hier sollen Schüler, die gerade erst nach Deutsch­land gekommen sind, innerhalb von maximal zwei Jahren für den Unterricht in einer Regelklasse fit gemacht werden. Das heißt vor allem: Deutsch lernen. Mit un­sicherer Perspektive: Einigen droht die Abschiebung.

 


Er selber hat nicht unbedingt gute Erinnerungen an die eigene Schulzeit: »Als wir morgens zum Dreh gefahren sind, habe ich gescherzt: ›Ich bin froh, dass ich nur einen Film drehe und nicht selber an die Tafel muss.« Doch gerade sein Bild vom Lehrerberuf hat sich durch die Arbeit an »Klasse Deutsch« geändert: »Das ist ein hochkomplexer Beruf, der nur zu zwanzig Prozent mit der Vermittlung von Wissen zu tun hat und zu achtzig Prozent mit Beziehungsarbeit«. Und so ist die heimliche Heldin seines Films die Lehrerin der Klasse, Frau Vecchio, die mit unendlicher Geduld Wissen vermittelt, immer ein offenes Ohr hat für die Nöte der Kinder, aber auch weiß, klare Grenzen zu ziehen.

 


Den Kindern wird »Klasse Deutsch« nicht zuletzt durch seine Form gerecht: Heinzen-Ziob verzichtet auf jegliche Kommentierung durch Fachleute, Eltern, Lehrer oder andere Autoritäten; es gibt keine Interviews, keine Musik. Stattdessen begegnet »Klasse Deutsch« den Kindern aus den unterschiedlichsten Ländern auf Augenhöhe, indem er aufmerksam und geduldig ihren Schulalltag zeigt mit all seinen großen und kleinen Dramen.

 


Das Ende macht Hoffnung, ohne verlogen zu wirken: »In einem Hollywoodfilm würde es vielleicht um einen Jungen gehen, der erst nicht rechnen kann, am Ende aber Mathe-Champion wird. Bei uns macht jede Figur kleine Schritte nach vorne, aber letztlich bleibt das Ende offen.«