Harald Jähner: »Wolfszeit — Deutschland und die Deutschen 1945–1955«


Die populär verfasste, anschaulich erzählte Geschichtsschreibung hat Konjunktur: Schlaglichter auf eine Epoche, die auch den Alltag in Zeiten großer Umbrüche erhellen. In dieser Art legt Harald Jähner, ehemals Feuilleton-Leiter der Berliner Zeitung, mit den Stimmen aus Tagebüchern, Zeitschriften und Literatur sowie vielen Fotografien ein Panorama der deutschen Nachkriegszeit bis 1955 vor. Stunde Null, Trümmerfrauen, Rückkehr der Kriegsgefangenen, Verdrängung der Schuld, Schwarzmarkt, Wirtschaftswunder — Jähner gelingt es, die Begriffe aus vielen Perspektiven zu betrachten und die Assoziationen, die wir damit verbinden, zu prüfen. Überhaupt tun sich Widersprüche auf: einerseits Katastrophe, ein Land in Trümmern, andererseits Aufbruch.

 

Das Chaos nach dem Zusammenbruch der rigiden Ordnung des Regimes begreifen die Menschen als Befreiung — auch als Befreiung von der Schuld der monströsen Verbrechen. Jähner zeigt ein Welt, in der sich die Menschen das Anarchische nach der verbrecherischen Ordnung des Nazi-Regimes auch feiern, etwa in Kultur, Unterhaltung, Erotik — und wie sich daraus schließlich eine neue Ordnung ergibt.

 


Rowohlt, 480 Seiten, 26 Euro.