Dilek Güngör: »Ich bin Özlem«


»Das liegt an meiner Kultur«, erklärt Özlem, wenn sie Freunde und Nachbarn zum Essen einlädt, »uns sind Essen und Bewirten, der Gast und das Teilen wichtig.« Ganz überzeugt ist die in Schwäbisch-Gmünd aufgewachsene Özlem davon allerdings nicht, sie kocht noch nicht einmal gerne. Und welche Kultur soll überhaupt gemeint sein? Ihr Türkisch ist eher mäßig, sie hat mit Philipp zwei Kinder: Emilia und Jakob. Und doch: »Ich entkomme dieser elenden Herkunft nicht.«

 

Welches Selbstbild gibt unsere Herkunft uns mit auf den Weg und wie ist dieses Selbstbild geprägt von den Zuschreibungen anderer? Diese Fragen von Fremdsein und sich fremd fühlen behandelt die 1974 geborene Dilek Güngör in ihrem Roman »Ich bin Özlem«. Eltern oder Ehemänner werden fremd und bleiben doch nah, Freunde geben vor, die wahre Identität von Özlem aufgrund ihrer »Herkunft« identifiziert zu haben und machen aus ihr einen Fremdkörper im gemeinsamen Ferienhaus, die Protagonistin fühlt sich zunehmend von sich selbst entfremdet. Erst das vertraute Chaos der eigenen Wohnung wird ihr schließlich zur »Heimat«, in der alle Zuschreibungen versagen. »Ich will hier sitzen und mir diese Bilder anschauen, mich in Ordnung fühlen, so wie ich bin.«

 



Verbrecher Verlag, 160 Seiten, 19 Euro