Fotos: Manfred Wegener

Helm ab zum Studieren

Die Studierenden der Uni Köln haben sich gegen militärische Forschung ausgesprochen. Das Rektorat hat dafür wenig Verständnis

 

Die Idee ist fast so alt wie die Bundeswehr selbst. Ursprünglich entstand sie in Karlsruhe. Als dort 1956 das Kernforschungszentrum der Universität gegründet wurde, legten die Alliierten fest, dass es »ausschließlich friedlichen Zwecken« dienen dürfe. Ein Gedanke, der 2009 erneut aufgegriffen wurde. Diesmal allerdings von Karlsruher Studenten, die in einer Urabstimmung entschieden, dass ihre Uni auch weiterhin nur zivile Wissenschaft betreiben solle. Seitdem versuchen Kölner Studenten, ihre Hochschule zu einer vergleichbaren Selbstverpflichtung zu bewegen.

In den vergangenen Jahren hat die Uni Köln besonders in der Medizin eng mit dem Bundeswehrinstitut für Pharmakologie und Toxikologie sowie dem Institut für Mikrobiologie kooperiert. Auch an den Geistes- und Humanwissenschaftlichen Fakultäten sind immer wieder Dozenten der Bundeswehr zu Gast. Deutschlandweit, so die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Partei Die Linke vom Oktober 2010, engagiere sich die Bundeswehr an knapp dreißig Hochschulen. Darunter auch die hiesige Fachhochschule und die Sporthochschule.

Zwei Drittel der Wähler für die Klausel

Anlässlich der Wahlen zum Studierendenparlament im Dezember initiierte der Arbeitskreis Zivilklausel eine Abstimmung über eine Selbstverpflichtung nach Karlsruher Vorbild. Mit der Klausel würde sich die Uni dazu verpflichten, »keinerlei Militär- oder Rüstungsforschung zu betreiben und nicht mit Einrichtungen des Militärs oder der Rüstungsindustrie zu kooperieren«.

Knapp zwei Drittel der Wähler sprachen sich für die Klausel aus, zwanzig Prozent dagegen. »Offensichtlich haben wir einen Punkt getroffen, den viele Leute für richtig halten«, sagt Katharina Sass vom Arbeitskreis. Nahezu alle Hochschulgruppen unterstützen das Anliegen: von linken Splittergruppen bis hin zur FDP-nahen Liberalen Hochschulgruppe. Einzig der Ring Christlich Demokratischer Studenten sprach sich gegen die Klausel aus, und die sich unpolitischen gebenden Unabhängigen enthielten sich.

Intransparenz bei Drittmittelverträgen

Für Peter Förster vom Arbeitskreis Zivilklausel geht es um mehr als Militärforschung. »Die Hochschule muss sich gegen den wachsenden Einfluss von partikularen Interessen auf Wissenschaft und Forschung in Stellung bringen, und sich endlich demokratisch öffnen«, fordert er. Gerade was die Drittmittelverträge betreffe, sei die Uni völlig intransparent. Sie weigere sich, die Abkommen offenzulegen. Inwieweit Kooperationen mit Rüs­tungs­unternehmen bestehen, sei nicht nachprüfbar.

Die Leitung der Kölner Uni hat wenig Verständnis für das Anliegen. Sie will laut Pressesprecher Patrick Honecker zunächst prüfen, inwieweit die Klausel mit dem Grundgesetz vereinbar sei. »Wir sind der Meinung, dass hier die Wissenschaftsfreiheit betroffen ist. Wissenschaft muss frei darüber entscheiden, was sie in welcher Art und Weise transparent macht.« Ein Verständnis des Grundgesetzes, das Peter Förster für absurd hält: »Die Wissenschaftsfreiheit ist ja gerade aus der Erfahrung heraus, das sie für Kriegs- und Vernichtungsforschung in den Dienst genommen wurde, im Grundgesetz verankert worden.«

Rektorat sieht keinen Handlungsbedarf

Doch selbst, wenn sich die Zivilklausel als verfassungsmäßig erweist, sieht man im Rektorat keinen Handlungsbedarf, da sich nur ein Teil der Hochschulangehörigen für die Selbstverpflichtung ausgesprochen habe. Mitarbeiter seien gar nicht berücksichtigt worden, sagt Honecker. »Wenn wir Minderheitenmeinungen zur Grundlage unserer Entscheidungen machten, dann müsste man grundsätzlich fragen, ob das Demokratie ist.« Zum Vergleich: Fast 5000 Studierende haben sich für die Zivilklausel ausgesprochen, insgesamt beschäftigt die Uni knapp 4500 Mitarbeiter.

Natürlich sei auch der Hochschulleitung klar, dass in der Bevölkerung ein breiter Konsens darüber herrsche, dass keine Forschung betrieben werden solle, die kriegerische Handlungen begünstigt. Allerdings müsse auch berücksichtigt werden, meint Honecker, dass über diese Forschung Arbeitsplätze und Wohlstand generiert würden. »Als Rüstungsproduzent sind wir auch einer der Exportweltmeister. Letztendlich muss jede Institution für sich entscheiden, wie sie damit umgeht.«

Hoffnung auf ersten linken Asta seit elf Jahren

Für Katharina Sass ist vor allem wichtig, dass die Öffentlichkeit das Problem der Militarisierung und Drittmittelverträge nun stärker wahrnehme. »Die Klausel allein bringt nichts, wenn nicht Akteure existieren, die sie diskutieren und ernst nehmen.« Die Chancen hierfür stehen im neu gewählten Studierendenparlament nicht schlecht. Es gibt eine knappe Mehrheit für Jusos, Campus Grün und Die Linke/SDS. »Wenn alles so gut läuft wie bisher, dann haben wir bald den ersten linken Asta seit über elf Jahren«, sagt Katharina Sass.