Mehr Sicherheit durch mehr Videoüberwachung?

 

Mit mehr als 50 Kameras will Polizeipräsident Jürgen Matthies die Umgebung von Dom und Hauptbahnhof sowie die Ringe ab 2017 überwachen lassen. Derzeit berät die Kölner Politik über diese Pläne. Wir haben zwei Ratspolitiker um ihre Meinung gebeten.

PRO

 

Videoüberwachung bedeutet mehr Sicherheit für alle

Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte erlaubt der Gesetzgeber in NRW Videoüberwachung nur in engen Grenzen. Bei den zu überwachenden Gebieten muss es sich um Kriminalitätsbrennpunkte handeln, die erhobenen Daten dürfen nur 14 Tage gespeichert werden und die Überwachung ist auf ein Jahr befristet. Diese »erlaubte« Videoüberwachung dient nicht nur der Aufklärung von Verbrechen, sondern auch der präventiven Polizeiarbeit.

 

Zu welchen absurden Konsequenzen der oft ins Feld geführte Datenschutz beim Thema Videoüberwachung dennoch führt, zeigen folgende Beispiele: Nach dem missglückten Anschlag am Bonner Hauptbahnhof im Dezember 2012 mussten die Ermittler, um festzustellen, wer die Bombe auf dem Bahnsteig deponiert hat, auf dürftige Filmaufzeichnungen eines Schnellrestaurants starren. Die Bilder der Bahnhof-Videokameras wurden nämlich nicht gespeichert. Und auch nach den Vorfällen in der Kölner Silvesternacht ist die Polizei darauf angewiesen, Videomaterial von Facebook & CO. sowie Bildmaterial von privaten Handys auszuwerten. Eine Überwachung außerhalb des Bahnhofgeländes gibt es bisher nicht. Dabei kommt der Videoüberwachung sicher kein Selbstzweck zu.

 

Wird sie jedoch, wie in Köln geplant, mit Polizeikräften verbunden, die im Krisenfall schnell eingesetzt werden können, bietet sie als »Spiegel für den toten Winkel« der Polizei einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung und Aufklärung von Straftaten. Diese ergänzende Funktion ist der Clou des Konzeptes für die Kölner Kriminalitäts-Hotspots »Dom/Hauptbahnhof« und »Ringe«, dessen bloße Ankündigung das Sicherheitsempfinden in der Stadt verbessert. In Düsseldorf und Mönchengladbach zieht die Polizei bei ähnlichen Projekten eine positive Bilanz und kann die gefürchtete Verlagerung der Straßenkriminalität in nicht überwachte Bereiche nicht bestätigen. Videoüberwachung, z. B. auch in Bussen oder der U-Bahn, steigert nicht nur das subjektive Sicherheitsempfinden sondern führt zu mehr Sicherheit für alle. 

 

Bernd Petelkau ist Partei- und Fraktionsvorsitzender der Kölner CDU

 

 

KONTRA

 

Mehr Kameras senken die Kriminalität nicht

 

Was uns vom neuen Polizeipräsidenten, der Stadt und der Landesregierung mit dem Konzept »Sicherheit in Köln« durch mehr Videoüberwachung verkauft wird, ist ein Placebo. Kameras werden uns als Antwort auf die zunehmende Kriminalität und die Vorfälle an Silvester angeboten werden. Aber es gibt keine Beweise für den Wirksamkeit von Videoüberwachung, dafür garantiert unerwünschte Nebenwirkungen.

 

Das Versprechen lautet, dass Kameras durch ihre reine Präsenz Kriminalität verhindern. Ganz offensichtlich haben das aber die 80 — bereits seit Jahren — installierten Geräte am HBF zu Silvester nicht geschafft. Zudem wurde danach klar, dass das Bildmaterial nichts taugt. Eine britische Studie zeigt, dass Kameras zur Verhinderung von Gewalt oder in U-Bahnen eine Wunschvorstellung ist und allenfalls Einbrüche oder ähnliche Delikte verhindern können. 

 

Köln ist bereits zugepflastert mit Kameras. In fast allen Parkhäusern und vielen öffentlichen und privaten Gebäuden werden Videoanlagen eingesetzt. Darüber hinaus überwacht uns die KVB seit 2013 mit über 2500 Kameras im ganzen Stadtgebiet, ohne dass es hier zu einem nachvollziehbaren Rückgang bei Gewaltdelikten gekommen wäre. Im besten Fall trägt Videoüberwachung zu einer etwas erhöhten Aufklärungsquote bei — doch selbst das gilt als umstritten.

 

Immer wieder wird beschönigend von Videobeobachtung gesprochen. Das Wort veranschaulicht die Absurdität dieser Sicherheitsinitiative. Videokameras verhindern keine Straftaten, helfen vor allem den Opfern nicht und schrecken Kriminelle nicht vor weiteren Straftaten ab. Sie haben unabhängig von ihrem fragwürdigen Nutzen, allerdings einen starken Einfluss auf unser subjektives Sicherheitsgefühl, denn sie gaukeln uns eine erhöhte Sicherheit vor, die es im Ernstfall nicht gibt. Der hohe Einsatz von Überwachungstechnologie kostet Geld und bindet Personal, das an anderen Stellen fehlt. Wirkliche Prävention geschieht aber nur durch eine Präsenz von Menschen in Kombination mit einer guten Sozialpolitik. Genau hier liegt das Übel: Es ist ein Irrglaube, dass moderne Überwachungstechnik Menschen und gute Sozialpolitik ersetzen sowie Respekt erwirken kann.

 

Thomas Hegenbarth ist im Vorstand der Kölner Piraten-partei und Sprecher der Piraten im Rat der Stadt Köln