Mehr leise als laut
Offenbar gibt es genügend Menschen, die sich im August auf ein Open-Air-Festival in den Park begeben und es tolerieren oder sogar cool finden, die Musik lediglich über Funkkopfhörer genießen zu können. Ob dieser Umstand Grund bietet für Kulturpessimismus oder -optimismus, wird Adorno uns leider nicht mehr beantworten können. Laut Veranstalter sind die Kopfhörer aber keine Barriere, sondern sie stellen quasi den unmittelbaren Draht zu den Künstler*innen her — viel näher könne man ihnen akustisch gesehen gar nicht kommen. Da verzichte man offenbar gerne auf den Schallwellendruck eines großen PA-Systems.
Solange das Line-Up stimmt, ist unserer Meinung nach ohnehin alles gut. Und das tut es. Ziemlich international geht es her auf der Bühne: Als Headliner wurde der in Berlin lebende, italienische Musiker Fil Bo Riva gebucht, der in diesem Jahr sein Debütalbum »Beautiful Sadness« veröffentlicht hat. Dieses ist gespickt mit folkigen Bombasthymnen, die ein wenig augenzwinkernd zwischen Coldplay und Italopop pendeln. Aus Großbritannien kommt die sechsköpfige Folk-Punk-Kapelle Skinny Lister, deren gegröhlte Gassenhauer durchweg gut gelaunt und radiofreundlich daherkommen. Das österreichische Duo Cari Cari kümmert sich gleichfalls um den Elektrofolk-Trend, während die ultrasympathische englische Ein-Mann-Band Beans on Toast alias Jay McAllister mit ihren sarkastisch aufgeladenen, akustischen Kommentaren zum Zeitgeschehen für die moralisch-politische Erdung verantwortlich ist. Zum Glück wurden bei diesem Festival die Musikerinnen nicht vergessen: Die Londoner Indiepopperin Eliza Shaddad hat jüngst ihr Debütalbum »Future« veröffentlicht, dessen Mischung aus Grunge und Folk sie selbst als Dark Pop bezeichnet. Als quasi-Local Hero ist die gerngesehene Solinger Nostalgie-Folkerin Suzan Köcher am Start. Die weiteste Anreise des Abends hat hingegen Noga Erez aus Israel, die mit ihrer energetischen Mischung aus Synth-Pop und hip-hoppigen Electro-Grooves sicherlich das modernste Soundspektrum des Line-ups aufzufahren weiß. Einziger Wermutstropfen der Geschichte: Mit den anderen Festivalbesuchern wird man nur per Handzeichen anbändeln können.
Stadtrevue präsentiert:
Konzert: Sa., 31.8., At The B-Sites Festival 2019, ganztägig, Jugendpark