Keine Auszeichnung: Erwerbsloseninitativen verleihen den »Goldenen Haufen Scheiße« an das Jobcenter Porz

Mit unfreundlichen Grüßen

Eine Kölner Erwerbsloseninitiative hat zwei Hassbriefe erhalten. Sie vermuten, dass der Absender im Jobcenter Porz sitzt

»Hallo, Ihr Penner«, beginnt ein Brief, den die Initiative »Kölner Erwerbslose in Aktion« (KEA) Mitte September per Post erhielt. Als »Asis« und »Faullenzer« (sic), die »nur zu faul sind zum Arbeiten« werden sie beschimpft. Unterschrieben ist der Brief nicht, aber in der oberen Ecke ist er gestempelt: »Jobcenter Köln, Theodor-Heuss-Straße 60–66, 51149 Köln« — es ist die Adresse des Jobcenters Porz. Zwei Wochen später folgte ein weiterer Brief, im gleichem Tonfall und mit demselben Schriftbild. »Wir vermuten, dass die Briefe von einer Person aus dem Jobcenter Porz stammen«, sagt Kim Oz. Sie ist Mitte 30, arbeitslos und bei »Erwerbslos nicht wehrlos« aktiv. Die Initiative unterstützt Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind, sie arbeitet mit den KEAs zusammenarbeitet.

»Das ist weder meine Haltung, noch die meiner Beschäftigten«, kommentiert Martina Würker die Briefe. Sie ist Geschäftsführerin aller Kölner Jobcenter und sich sicher, dass der Stempel nicht beweist, dass der Verfasser der Briefe im Jobcenter Porz arbeite. »Das ist ein veralteter Stempel, der von uns nicht mehr verwendet wird«, sagt Würker. Sie hat Strafanzeige gegen unbekannt gestellt: wegen der illegalen Nutzung des Jobcenter-Stempels und wegen der Behauptung der Aktivist*innen, dass es sich bei den Verfassern des Briefs um Angestellte des Jobcenters handeln würde. Anfang Oktober haben deshalb 30 Menschen vor dem Jobcenter in Porz demonstriert.

Die Spur führt ins Jobcenter

Dass die Briefe von einer Person aus dem Jobcenter stammen, lässt sich jedoch nicht ausschließen. Ein Indiz dafür ist die Versandmethode des ersten Briefs: Er wurde von Postcon zugestellt. »Privatpersonen können keine Kunden bei uns werden«, sagt Postcon-Sprecherin Katrin Ehrkamp. Das System stehe nur Geschäftskunden offen. Jeder Versender sei über einen Nummerncode identifizierbar, benennen dürfe sie ihn aber nicht, so Ehrkamp — aus datenschutzrechtlichen Gründen. Fest steht aber: Auch das Jobcenter Porz verschickt seine Briefe in der Regel mit Postcon, wie eine Sprecherin erklärt. Die anonymen Verfasser spielen in ihren Briefen zudem auf einen Streit an, den die Initiativen mit dem Jobcenter Porz führen. Im Zentrum steht eine Mitarbeiterin, Frau A., die von den Initiativen öffentlich kritisiert wird. »Sie ist dadurch aufgefallen, dass sie gerne das Höchstmaß an Sanktionen ausspricht«, sagt Kim Oz. Auch habe Frau A. sich gegenüber Kunden des Jobcenters rassistisch verhalten.

Mehrfach haben die KEAs und »Erwerbslos nicht wehrlos« wegen des Verhaltens vor dem Jobcenter Porz demonstriert und Kunden zu ihren Terminen bei Frau A. begleitet. Außerdem sei es zu Beschwerden über das Kundenreaktionsmanagement, beim Datenschutzbeauftragen sowie einer Dienstaufsichtsbeschwerde gekommen, sagt Kim Oz. »Menschen wie Frau A. dürfen keine Entscheidungsmacht über andere Menschen haben.«

Jobcenter erstattet Anzeige

Jobcenter-Geschäftsführerin Martina Würker will sich nicht zu einzelnen Mitarbeiterinnen äußern. Es gebe Prozesse, die bei Beschwerden in Gang gesetzt würden: »Ich bin nicht bekannt dafür, Dinge unter den Teppich zu kehren« Im Jobcenter seien viele Mitarbeiter sehr engagiert, um Arbeitslose wieder in Arbeit zu vermitteln. Auch Kim Oz betont, dass nicht alle Mitarbeiter des Jobcenters wie Frau A. agierten. »Die sind Mensch geblieben.« Oft seien sie jedoch nur befristet angestellt und würden nicht weiterbeschäftigt, denn das System der Hartz-Sanktionen belohne ein unfaires Verhalten der Mitarbeiter.

Selbstverständlich dürften Jobcenter kritisiert werden, sagt Martina Würker und betont: »Ich würde den Konflikt gern deeskalieren.« Die Leiterin des Jobcenters Porz habe den Aktivisten während ihrer Aktion Anfang Oktober angeboten, sich sofort zum Gespräch zu treffen. Diese hätten das jedoch abgelehnt. »Ich muss aber auch meine Mitarbeiter schützen«, sagt Würker. Zudem seien Kunden durch die Aktion verängstigt worden. Deshalb habe sie eine weitere Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch gestellt — gegen die Erwerbsloseninitiativen.