»Die Hexen von Salem/Hexenjagd«

Kooperation mit dem Klassenfeind

Out of the past

Der Filmclub 813 gedenkt traditionell des Tages der Republik mit einem Programm, dessen Schwerpunkt auf DEFA-Produktionen liegt. Dass der erste Film für gewöhnlich am Tag der Deutschen Einheit läuft, fällt in die Kategorie »Depressive Scherze zur Geschichte«. Dieses Jahr stehen die Feierlichkeiten hintersinnigerweise nicht im Zeichen von Anfang und Ende des staatssozialistischen Deutschlands, sondern widmen sich dessen eigenwillig-lässiger Welt(zu)gewandheit: Zu bewundern wie entdecken sind oftmals rare Koproduktionen aller Art. Den Auftakt macht ein Doppelpack der besonderen Art: Als Vorfilm gibt’s Klaus Überalls »Katja Ebstein unterwegs in der DDR: Zwischen Plauer See und Müritz« (1988), als Hauptattraktion »Die Heiden von Kummerow und ihre lustigen Streiche« (1967) von Werner Jacobs. Diese unter Westfederführung realisierten deutsch-deutschen Koproduktionen sind vergleichsweise harmlos-harmonisch, heiter und etwas gemütsschlicht. Im Doppelpack sind sie faszinierend, weil sie sichtbar machen, wie dünn die Konsensdecke zwischen BRD und DDR wirklich war... Am Abend geht‘s weiter mit einer historisch besonders wirren Produktion: dem Agfacolor-Krimi »Spielbank-Affäre« von Arthur Pohl und Joachim Hasler. Er wurde 1957 in der DDR nur mit schwarz-weißen Kopien gestartet, da offizielle Kreise die Welt des Klassenfeinds darin zu verführerisch fanden. Was nur zu ironisch ist, da es sich um eine veritable Ost-Phantasie von Westdeutschland handelt. Die BRD-Auswertung des Films stieß unter dem herrlichen Titel »Parkplatz zur großen Sehnsucht« 1958 auf pures Desinteresse beim Publikum, da er als Spannungsproduktion überhaupt nicht funktioniert. An den Folgetagen geht‘s eher cinephil und weniger soziokulturell wertvoll zu: Kurt Jung-Alsen beweist mit seinem grimmigen Kriegsfernsehspiel »Der Schwur des Soldaten Pooley« (1963), dass er zu den unentdeckten DEFA-Meistern gehört. »Die Hexen von Salem/Hexenjagd« (1957) ist eine grandiose Adaption des Theaterstücks von Arthur Miller nach dem Drehbuch von Jean-Paul Sartre, inszeniert vom Belgier Raymond Rouleau. Die Produktion stellt den Höhepunkt der Interna­tio­nalismus-Bestrebungen der DEFA gen Westen dar. In der mild-flockigen Sensationsjournalismussatire »Das Mädchen auf dem Titelblatt« (1961) von Fritz Bornemann belächeln DDR und Filmproduktionspartner Österreich den gemeinsamen Nachbarn als skrupelloses Wirtschaftswunderland. Alles Sonstige an Filmkultur im Oktober ist Bonusglück.