Unheimliche Konflikte: Jonas und Jean Paul Baeck als Karl und Franz Moor

Ein Vater und zwei Söhne

Die Baeck-Brüder brillieren in »Raub« als Rampen­säue mit Gusto

Die Brüder Karl und Franz Moor bewegen sich bei Schillers »Räuber« noch im Kain-und-Abel-Modus. Wie sehen heutige Brüder-Beziehungen im Kontext neuer, vielfältiger Familienkonstellationen aus? Die Brüder Jonas und Jean Paul Baeck machen in »Raub — nach F. Schiller« die persönliche Probe aufs Exempel.

Die Ausgangslage im Stück, die Zerrissenheit der Familie, basierend auf der unterschiedlichen Behandlung der Brüder Karl und Franz durch den patriarchalischen Vater, wird durch die Rollenverteilung aufgegriffen. Jonas Baeck spielt Karl, der als Erstgeborener vom Vater begünstigt wird, Jean Paul schlüpft in die Rolle des unglückseligen Nachkömmlings Franz, den die ständige Zurücksetzung zum heimtückischen Rivalen des Bruders werden lässt. Doch anders als bei Schiller treffen die beiden unterschiedlichen Brüder hier ständig aufeinander. Die Konfrontation wird mit offenem Visier gesucht, die Kommunikationswege stehen beiden gleichwertig zur Verfügung. Das verleiht der Vater-Sohn bzw. Brüder-Debatte einen ganz eigenen Reiz.

Wie gewohnt, wühlen sich die Zwillinge als echte Rampensäue mit Gusto in das Spiel hinein. Da wird gelacht und geschrien, sich innig geherzt, um im nächsten Moment den Zusammenstoß mit Vehemenz zu suchen. Die persönliche Dynamik, die hier wie selten zuvor, ins Spiel der Zwillinge einfließt, verleiht dem Stück eine hohe Intensität. Zumal es den Baeck-Brüdern gelingt, durch virtuose Wechsel, den autobiografischen Moment nahtlos mit der Allgemeingültigkeit des Themas zu verweben. Der Zuschauer steht dabei immer wieder vor der Frage, ob der grade gesprochene Text Erinnerungen aus dem Familienfundus behandelt oder aus der Feder eines Literaten stammt.

Den launigen Work-in-Progress-Charakter, den diese »Brothers-in-Play« vermitteln, passt sich auch das Bühnenbild an, das in Form einer multimedialen Installation daherkommt. Erarbeitet hat das Stück das neu gegründete Künstler*innen Kollektiv »Spiegelberg«, das trotz des Schiller-affinen Namens künftig nicht nur Stücke des Weimarer Dichters zur Aufführung bringen möchte. Inszeniert wurde im Kollektiv als klare Absage an das Regietheater und der gelungene Einsatz unterschiedlicher medialer Mittel — darunter Videoinstallationen, Filme und Animationen sowie ein sphärengleicher Live-Gesang von Sarah Youssef. Das macht jetzt schon Lust auf mehr.

»Raub«, A: Friedrich Schiller, R: Jonas und Jean Paul Baeck