Mit Dauer-Jetlag in die Schule: Warum geht’s nicht später los?

Mit Dauer-Jetlag in die erste Stunde

Die innere Uhr von Kindern tickt anders. Darauf sollten sich Schulen einstellen

 

Manchmal lässt sich das Unvermeidbare nur um ein paar Minuten hinausschieben. Etwa morgens, wenn um 6.30 Uhr in vielen Kinderzimmern der Wecker klingelt. Seit Jahren fordern Schlafforscher, den Unterrichtsbeginn an Schulen nach hinten zu verlegen, ja, sie rufen zum Ende der Diskriminierung des »späten Chronotypen« auf. Es sei wie bei Eulen, die das Leben von Lerchen lernen müssten, sagen die Forscher. Denn die innere Uhr von Kindern ticke anders.

Schon eine Stunde würde reichen, um Schülerinnen und Schüler vor einer Art Dauer-Jetlag zu bewahren, bestätigen Studien. Und das sehen auch jene so, die es betrifft. Anfang September stellte der Sender Kika eine repräsentative Umfrage vor, bei der Erst- bis Sechstklässler zu ihrem Schulalltag befragt wurden. Das Ergebnis: Die überwiegende Mehrheit geht gerne in die Schule, nur eben nicht so früh. Ganze 98 Prozent plädierten für einen späteren Unterrichtsbeginn, ihre durchschnittliche Wunschuhrzeit: 8.40 Uhr.

Damit würde man dem Bio-Rhythmus von Kindern schon ein ganzes Stück näher kommen – zumindest wenn es nach den wissenschaftlichen Untersuchungen der Chronotypen geht. Die innere Zeit verschiebt sich demnach im Laufe der Kindheit kontinuierlich nach hinten, in der Pubertät erreicht diese Entwicklung seinen Höhepunkt. Als Folge vom Leben entgegen der inneren Uhr diagnostizieren zahlreiche Studien mangelnde Konzentration- und Lern­fähigkeit.

In Niedersachsen ist man im April letzten Jahres der inneren Uhr von Kindern – zumindest auf politischer Ebene – nachgekommen. Künftig überlässt es das Kultusministerium in Hannover den Schulen, wann sie mit dem Unterricht anfangen. Früher als 7.30 Uhr soll es nicht sein, nach hinten gibt es keine Grenze. In Nordrhein-Westfalen bleibt das Schulministerium dagegen bei seinem Zeitkorridor, demzufolge der Unterricht zwischen 7.30 und 8.30 Uhr anzufangen habe. Als ein Gymnasium in Aachen 2016 für seine Oberstufenschüler ein Gleitzeitmodell einführte, entlud sich die mediale Aufregung: Kann man Teenagern vertrauen, wenn sie selbst entscheiden, ob sie zur ersten oder lieber zur zweiten Stunde kommen?

Für Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, ist die Sache klar: Eine Verschiebung des Unterrichts nach hinten sei schlichtweg nicht umsetzbar. Die Arbeitszeiten der Eltern sprächen dagegen, außerdem müsste die Infrastruktur der Schulbusse ausgebaut werden.