Interaktive Kunst im öffentlichen Raum? Neue Attraktion im Lohsepark in Nippes

Haltbarkeit auf Dauer

In Parks gibt es immer mehr Trimm-dich-Geräte. Nachfrage und Gliedmaßen bleiben ungebrochen

Joggen, Radfahren, Schwimmen sind die beliebtesten Sportarten der Kölner. Nicht zum Zugucken, sondern in echt: mit Schwitzen, Muskelkater, Bänderriss. Eine Stadt auf dem Weg zur Triathlon-Nation? Nicht ganz, denn das ist leider nur eine Umfrage unter mutmaßlich ohnehin Sportinteressierten. Böse Ahnung: Der Rest begnügt sich damit, die Strecke vom Sofa bis zum Kühlschrank zu Fuß zurückzulegen.

Wie also hält man die Kölner fit, denen mobiles Telefonieren schon genug Mobilität bedeutet? Der Sport hat ein Nachwuchsproblem, und zwar nicht nur die Vereine mit ihren Medizinbällen und schlecht gelüfteten Umkleideräumen. Die Hälfte der Grundschüler kann nicht schwimmen — und die Meeresspiegel steigen! In den Kitas gibt’s zu oft Chicken Wings mit Mayo, und wenn sie mal rückwärts gehen sollen, kippen die Kinder einfach um.

Natürlich könnte die Stadt all die dichtgemachten Schwimmbäder wieder öffnen. Oder den Autoverkehr eindämmen, damit sich mehr Menschen und auch die Oberbürgermeisterin wieder aufs Rad trauen. Geht aber irgendwie nicht. Lieber wartet man auf die nächste E-Mail der Kölner Grünstiftung. Die Grünstiftung hat nämlich nicht nur ein Herz fürs Kölner Grün-, sondern auch fürs Kreislaufsystem der Kölner. Deshalb schenkt sie der Stadt alle paar Jahre Trimm-dich-Geräte. Die Stadt muss dann nur Installation und Wartung bezahlen, während die Stiftung bereits neues Geld eintreibt. So kommt es, dass seit kurzem ein neuer Trimm-dich-Parcours am Lohsepark zwischen Neusser und Merheimer Straße steht. Am Grüngürtel zwischen Venloer und Vogelsanger Straße gibt’s so etwas schon seit drei Jahren. Man steht dort Schlange, um zu schwitzen. Am Decksteiner Weiher, am Beethovenpark und in der Merheimer Heide, im ganzen Stadtgebiet werden immer mehr Parcours installiert. Es gibt sogar ein »Gesamtkonzept Bewegungsparcours im Kölner Grün«! Selbst in Longerich, Sürth und Porz, man kann sagen: im Speckgürtel — sind Fitnessgeräte geplant.

Sportmuffel zetern, Landschaft und Grünanlagen würden verschandelt, Sichtachsen verstellt, der Boden — derzeit Höchstmaß an Ignoranz — versiegelt. Man kann es aber auch anders sehen: Die Fitnessgeräte sind Kunst. Wer wüsste schon auf Anhieb zwischen Kunst im öffentlichen Raum und einem skulpturalen Gebilde wie dem »Wellenlaufen-Modul für Kraft/Mobilisierung« zu unterscheiden? Zum Glück helfen Hinweistafeln weiter.

Oft sind die Geräte in der Nähe von Kinderspielplätzen aufgebaut. Das ist besonders schlau gedacht. Während die Kleinen rutschen und schaukeln, bis ihnen der Bio-Quetschie hochkommt, können sich Mama und Papa auf den Trimm-dich-Geräten zum Affen machen. Der Ansturm auf die Geräte beweist es: Man ist mit dieser Leibesertüchtigung für fitnessferne Schichten keineswegs auf dem Holzweg. »Früher waren die Geräte der Trimm-Pfade in Köln aus Holz, das mit der Zeit vermoderte«, so die Grünstiftung. »Heute sind die Geräte aus einem Hightech-Material hergestellt, das Haltbarkeit auf Dauer verspricht.« Hightech-Material — das klingt cool, und »Haltbarkeit auf Dauer«, das wünscht man Material und Mensch!


Foto: Dörthe Boxberg