Denkmalwürdige Kreuzung: »Alle-Gehen-Ampel« in Nippes

Verkehrsdenkmalspflege

Die Neusser Straße in Nippes soll umgestaltet werden. Anwohner und Initiativen kritisieren die Pläne.

Ein Verkehrsdenkmal hat Nippes schon: die »Alle-Gehen-Ampel«, im Fachjargon »Diagonalquere« genannt, an der Ecke von Neusser Straße und Wilhelmstraße. In Tokio und New York ist sie Alltag, in Deutschland existiert sie außer im Kölner Norden nur drei Mal. Anfang Oktober wurden die Pläne zur Umgestaltung des Nippeser Teils der Neusser Straße der Öffentlichkeit vorgestellt. Und darin bekommt die »Diagonalquere« Konkurrenz von einem neuen Unikat der Verkehrsplanung: dem Doppelparkplatz auf dem Bürgersteig. Mitten im Zentrum von Nippes, an der Haltestelle »Florastraße«, sollen Autos am Straßenrand künftig zweireihig hintereinander parken.

»Ich habe das in den Plänen nicht gefunden«, sagte Bezirksbürgermeister Bernd Schößler (SPD) bei einer Informationsveranstaltung Anfang Oktober vor 230 Besuchern im Altenberger Hof. Zuvor hatte eine Frau aus dem Publikum ihn auf die Existenz dieser Parkplätze hingewiesen. Schößlers Überraschung ist verständlich. Denn im Konzept, das die Bezirksvertretung im März dieses Jahres verabschiedet hat, waren sie eigentlich nicht vorgesehen. Dort sollte vor allem Raum für Fußgänger und Radfahrer gewonnen werden.

»Es ist sehr wuselig auf der Neusser Straße«, begründet Marlou Krieger vom Stadtplanungs­amt die Umgestaltungspläne. Das liege an den vielen Geschäften, den Fußgängern und auf dem Bürgersteig abgestellten Fahrrädern, sowie vielen »Schildern, Laternen und sonstigen Stadtmöblierungseinrichtungen.« Das Stadtplanungsamt will auf der Neusser Straße künftig besser aufräumen, und das bedeutet vor allem: weniger Parkplätze. Deren Zahl reduziert sich von heute 233 auf 141. Dafür gibt es mehr Fahrradparkplätze, deren Zahl sich um 92 auf demnächst 758 erhöht, sowie 21 neue Bäume. Außerdem soll es am Straßenrand Multifunktionsflächen geben, die man auch für die Außengastronomie nutzen kann.

Die größte Neuerung findet sich jedoch auf der Fahrbahn. Wer von Süden nach Nippes hineinfährt, durchquert künftig einen Kreisverkehr. Danach wird die Neusser Straße zweispurig, an manchen Stellen soll eine Insel auf der Mittelspur dazu beitragen, dass das neue Tempolimit von 30 km/h auch eingehalten wird. Radfahrer müssen sich die Fahrbahn allerdings weiterhin mit den Autos teilen. Für sie ist ein 1,75 Meter breiter Schutzstreifen auf der Straße vorgesehen, der aber an Kreuzungen und auf Höhe der Mittelinseln nicht auf der Fahrbahn markiert werden soll.

Der Fahrradclub ADFC hatte deshalb schon in der Planungsphase Sicherheitsbedenken formuliert, für die Nippeser Grünen ist dies ein Zeichen für die »Rückwärtsgewand­heit der Verkehrspolitik« auf der Neusser Straße. 2010 wurden die ersten Pläne für eine Umgestaltung der Neusser Straße bekannt. Damals sollte lediglich die Fahrbahn umgestaltet werden. Vier Jahre später beschloss die Stadtverwaltung dann, auch Bürgersteige und Parkflächen neu zu gestalten. 2017 wurden die Pläne dann öffentlich ausgestellt und um Anregungen gebeten. Diese seien nur wenig in die endgültige Planung eingeflossen, kritisieren die Nippeser Grünen.

Am Informationsabend im Oktober war die Unzufriedenheit dann auch hoch, sogar von »Abenteuerurlaub für Radfahrer« war die Rede. »Es ist ein Kompromiss«, verteidigte sich Bezirksbürgermeister Schössler. Für ambitioniertere Pläne habe es in der Bezirksvertretung keine Mehrheit gegeben. Dort sitzen jedoch auch Vertreter aus den angrenzenden Veedeln, die am ehesten mit dem Auto nach Nippes fahren. Wer denn eigentlich an der Neusser Straße wohne, wollte eine Besucherin gegen Ende der Veranstaltung wissen. Rund die Hälfte der 230 Anwesenden meldete sich. Anwohner stärker einzubinden, ist eine Aufgabe, die das Stadtplanungsamt auch nach der Umgestaltung der Neusser Straße weiter vor sich hat.