People are strange: Stefanie Schrank

(K)Eine Muttersprache

Stefanie Schrank veröffentlicht ihr unverkrampft ambitioniertes Solo-Debüt

Ob auf Deutsch oder in Französisch, Englisch, Tagalog: Deutschpop bleibt Deutschpop. Es bedeutet also erstmal wenig, dass das Solo-Debüt »Unter der Haut eine überhitzte Fabrik« der Kölnerin Stefanie Schrank, sonst bei Locas in Love zu hören, mit Englisch flirtet und sich dort bedient, wenn es gerade nicht auf Deutsch geht.

Da bedarf es Anstrengung von Künstlerin und Label zugleich, um klarzustellen: Liebe Kritiker*innen, bitte nicht verreißen. Also warten sie nicht nur mit einem artigen En­dorse­ment von TV-Kritikerin Anja Rützel (Der Spiegel) auf, sondern gleich mit Gilles Deleuze und Felix Guattari. »Das Unbewußte funktioniert wie eine Fabrik und nicht wie ein Theater (es ist eine Frage der Produktion und nicht der Repräsentation)«, heißt es zur An­kün­digung des Album, frischfrei aus deren »Tausend Plateaus« zitierend.

Das macht es umso schwerer fair zu urteilen, denn: »I (still) can’t relax in Deutschland«. Den Schaden, den die Biedermeier-Lyrik von Silbermond, das »erste Album in deutscher Sprache« von Sarah Connor (»Muttersprache«) und der ganze andere Mist, der seit dem Erwachen der Berliner Republik zur Entspannung ruft, verursacht hat, führt im Zweifel zur Sippenhaftung. Es heißt halt nicht nur bei Frei.Wild, sondern auch bei Unverdächtigen, dass die Heimat ruft: Du kannst den Jungen aus Hemmoor holen, aber Hemmoor nicht aus dem Mann, sozusagen.

Stefanie Schrank hat diese Asso­ziationen freilich nicht verdient. Deswegen ganz direkt: Hier gibt’s kein Sommermärchen, keine Schwarz-Rot-Geilheit in Reim- oder Reinform. »Unter der Haut eine über­hitzte Fabrik« erinnert vielmehr an die Mutter aus Klaus Theweleits »Buch der Könige I«, an den singenden »Küchenschizo«, der bei offenem Fenster sang, um den eigenen Wahnsinn loszuwerden und auf dieser Oberfläche den jungen Theweleit an den »Soundtrack eines Lebens« heranführte, der später durch BFBS-Radio, dann durch Rock und Jazz-Vinyls ersetzt wurde.

Nun ist Schrank ungleich ­weiter weg vom Wahnsinn, doch ihre Poesie, die potenziert wird durch den ungeübten, zerbrechlichen, ephemer flirrenden Gesang, erinnert an Abende mit der Mundorgel auf dem Schoß. »Sag mir wo die Blumen sind« heißt hier »People are strange« oder auch »Spooky action«. Alles das wird untermalt von einem lässigen Produktions­design , bei dem Stabil Elites Lucas Croon mitgeholfen hat, und bietet dann doch viele gute Momente. Man darf ja trotzdem verkrampft bleiben!

Tonträger: Stefanie Schrank, »Unter der Haut eine überhitzte Fabrik« (Staatakt), bereits erschienen.