Vivian Greven, »Leea«, 2017, Öl auf Leinwand, 120 × 110 cm, Privatsammlung Setareh

Flachware, meist abstrakt

Die Megaschau »Jetzt! Junge Malerei in Deutschland« ist streitbar, aber sehenswert

Totgesagte leben länger, sagt man, und keine künstlerische Gattung wurde so häufig für tot erklärt wie die Malerei. Tatsächlich ist es erstaunlich, dass in Zeiten von Virtual Reality, 3-D und Post-Internet, in denen das Sprengen klassischer Gattungsgrenzen fast schon langweilig ist, das gemalte Tafelbild einfach immer weiter existiert und fasziniert. Mit dem Ausstellungsprojekt »Jetzt! Junge Malerei in Deutschland« haben sich vier Häuser — neben Bonn noch Wiesbaden, Kunstsammlungen Chemnitz und die Deichtorhallen Hamburg — zu einer Leistungsschau zusammengetan.

500 Werke, 43 Künstler*innen, das klingt nach Quantität statt Qualität. Aber so ist es nicht: Aus einer Vorauswahl von 200 hat das Kurator*innenteam eine Shortlist mit 53 Beteiligten rausgefiltert, paritätisch besetzt — im Gegensatz zur Jury. Jede*r Künstlerin ist in jedem Haus vertreten, man wolle »einen gültigen Querschnitt durch die junge, in Deutschland entstandene Malerei geben und dabei alle Erscheinungsformen des Mediums berücksichtigen«, so der Pressetext. Interessant ist, dass dieser Querschnitt trotzdem überwiegend unpolitisch, abstrakt, bunt und großformatig ist, es geht überwiegend medienreflexiv und wahr­nehmungstheoretisch zu.

Das ist zwar nicht neu, aber auch noch nicht erschöpft. Eine einzelne Pinselgeste, in Szene gesetzt von Markus Saile, kann genau so prägnant sein wie ein 4-Meter großes All-Over-Gemälde — oder die vielschichtigen Bilder von Jagoda
Bednarsky, in denen sich Brüste
in eine Berglandschaft staffeln und ornamentale Retromuster auf
Blumentapeten stoßen, ohne in Kitsch zu verfallen.

Die Ausstellung gibt genauso viele Antworten auf die Frage, was »Malerei Jetzt« ist, wie sie unbeantwortet lässt. Denn wer in den letzten Jahren auch nur sporadisch auf Kunstmessen oder Ausstellungen unterwegs war weiß, dass die Malerei längst Leinwand und Keilrahmen verlassen hat, sich in Räume und auf andere Medien ausbreitet. Das klammert die Schau aus, genauso wie bei einer solchen Auswahl immer jemand fehlt oder zu unrecht dabei ist. Spaß macht es trotzdem, diesen Rundumschlag zu besuchen. Die Malerei zeigt sich so lebendig wie eh und je.

 

Kunstmuseum Bonn, Helmut-Kohl-Allee 2, 53113 Bonn, Di–So 11–18, Mi 11–21 Uhr, bis 19.1.2020