Missbraucht für eigene Zwecke

Die Kölner AfD will den Karnevalisten Karl Küpper ehren — und stößt damit in eine Lücke

 

 

Wenn die Kölner AfD eines kann, dann im Rat herumtrollen. Mitte November forderte sie in einem Antrag, dass die Stadt den Kölner Karnevalisten Karl Küpper ehre. Wenn es einen widerständigen Geist des Karnevals gibt, dann verkörpert Küpper ihn. 1939 wurde er von den Nazis mit einem Redeverbot belegt: Er hatte sich über den Hitlergruß lustig gemacht. Die Karnevalsbühne betrat Küpper mit ausgetrecktem Arm und sagte dann: »Su huh litt bei uns dr Dreck em Keller!« — »So hoch liegt bei uns der Dreck im Keller!« Für die AfD wurde er damit zum Kämpfer gegen »die jeweils Herrschenden«. Der Subtext: »Küpper wurde verfolgt, weil er unbequem war — so wie die AfD heute.« Der Antrag der AfD wurde als die Provokation verstanden, die er war. Die Familie von Küpper bat den Rat, den Antrag abzulehnen. Der Rat schloss sich der Bitte gern an.

Aber die AfD stößt in eine Lücke. Die Kölner Stadtgesellschaft hat das Gedenken an Karl Küpper sträflich vernachlässigt. Der Karl-Küpper-Platz ist ein schmuckloser Ort auf der Rückseite der Hohe Straße, in Kalk erinnert eine Gedenkplakette an den Karnevalisten, der dort eine Kneipe hatte. So konnte die AfD sich leicht die Forderungen von Küppers Biografen, dem Historiker Fritz Bilz, zu eigen machen. Bilz fordert schon seit langem ein Denkmal für ­Küpper. Außerdem solle das Kölner Festkomitee jedes Jahr einen Karl-Küpper-Preis für die beste politische
Büttenrede verleihen.

Das Festkomitee ziert sich bislang, denn Küpper erinnert an das Versagen des organisierten Karnevals während der NS-Zeit. Es gab zwar einen Konflikt zwischen NS-Machthabern und Karnevalisten, als es darum ging, wem die Einnahmen für den Karneval zufließen sollten. Aber ideologisch waren die Jecken schnell auf Linie. Anstatt über die Obrigkeit wurde halt über die »Feinde des deutschen Volkes« gespottet: Juden, Sozialisten, Schwule. In der Nachkriegszeit war diese Verstrickung lange ein Tabu, erst in den Nuller­jahren wurde die Geschichte des Kölner Karnevals wissenschaftlich aufgearbeitet. Nur eine Person erinnerte die jecken Mitläufer der NS-Zeit beständig an ihre Fehler: Karl Küpper. Zum Dank wurde er vom organisierten Karneval geschnitten, bis er 1960 seine Bühnenkarriere beendete. Es wird Zeit, dass der Karneval eines der wenigen Antifaschisten aus seiner Mitte gedenkt — und zwar nicht nur, wenn die AfD versucht, ihn zu instrumentalisieren.