Blick in die Zukunft: Stehen Kinderrechte bald im Grundgesetz?

Viel Luft nach oben

In Sachen Kinderrechte liegt Nordrhein-Westfalen im bundesweiten Mittelfeld

Man mag es nicht glauben: In Sachen UN-Kinderrechtskonvention galt in Deutschland noch bis zum Jahr 2010 der sogenannte »Ausländervorbehalt«. Kinder und Jugendliche, die nicht hier geboren waren, wurden offiziell aus den Verpflichtungen ausgeschlossen. Angesichts dessen verwundert es wenig, dass auch heute noch keine Chancengleichheit — eines der Rechte, die die Vereinten Nationen 1989 für Kinder festschrieb — in Deutschland umgesetzt wurde.

Dies zumindest legt der »Kinderrechte-Index« nahe, der als Pilotstudie im Dezember 2019 vom Deutschen Kinderhilfswerk veröffentlicht wurde. Und er zeigt noch mehr Lücken auf: »Wir stehen vor einem föderalen Flickenteppich«, erklärt Thomas Krüger, Präsident der Organisation, und zielt damit auf die großen Unterschiede zwischen den Bundesländern. Nordrhein-Westfalen, ein Mittelfeldspieler: Nicht schlecht, aber auch nicht gut.

Dass Jugendliche ab 16 Jahren hier an den Kommunalwahlen teilnehmen können, vermerkte man zwar als positiv in den Ergebnissen der Studie. Umso mickriger sah es in Bezug auf den Schulweg aus, den 72 Prozent der befragten Kinder als nicht sicher bewerteten. Rückzugsräume in den Pausen und den Zustand der Toiletten an ihren Schulen stuften sie am zweitschlechtesten im Ländervergleich ein. Ein weiteres Manko: Zu
wenig Einrichtungen der offenen Jugendarbeit.

»Es braucht starke und mündige Kinder, unabhängig von ihrer Herkunft«, sagt Maja Tölke vom Landesjugendring NRW. Sie fordert, Entscheidungsträger endlich auch juristisch dazu zu verpflichten, das Kindeswohl zu berücksichtigen — so wie es die UN-Kinderrechtskonvention vorsieht. Dazu gehöre auch die explizite Festschreibung der Konvention im Grundgesetz, wie viele Organisationen es seit Jahren fordern. Ein Fortschritt: Ende November hatte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine Änderung des Artikel 6 vorsieht — eine »ausgewogenen Formulierung«, wie Lambrecht betonte, die Grundrechte von Kindern gegenüber dem Staat verdeutliche und zugleich das Recht der Eltern nicht beeinträchtige.