Faulbeere

Im Winter fallen besonders lästige Gartenarbeiten an. Man sollte sie nicht überstürzen

Im Winter gibt‘s im Garten ja nichts zu tun. Das dachte ich, bis ich einen der vielen Ratgeber aufschlug, mit denen mich Freunde beschenken, seit ich einen Schrebergarten habe. Diese Bücher begleiten die Gärtnerin mit Tipps durch jede Saison. Wir treten nun, lese ich, in den Frühwinter ein, »die beste Zeit fürs Ordnungmachen«. Die Werkzeuge gehören gereinigt und geschärft, das Gartenhäuschen aufgeräumt, das Gerümpel entsorgt.

In unserem Schrebergarten gibt es einiges zu tun. Voller Elan hatten wir in den Sommerferien begonnen, das Häuschen zu renovieren, in dem unsere Vorpächter über vier Jahrzehnte Mini-Gartenzwerge und Kölschgläser angehäuft hatten. Tapete und Teppiche kamen raus, neue Regale sollten rein, doch dann war der Urlaub zu Ende, und alles liegt seither in Kisten verpackt herum. Immerhin ist es angenehmer, Mäusekot vom Beton-Boden zu wischen als vom Teppich zu kratzen. Hier wartet Arbeit, und draußen geht es weiter.

Seit Monaten lagert Schutt am Gartenzaun, laut Kleingartenordnung sind wir verpflichtet, ihn ordnungsgemäß zu entsorgen. Verlockender erscheint da die Gartenplanung fürs nächste Jahr, denn auch dafür ist nun »die beste Zeit«. Bisher wuchs bei uns nur aus dem Boden, was unsere Vorgänger gepflanzt hatten. Struktur war nicht erkennbar, aber es war viel, es war farbenfroh, und damit war es gut. Jetzt sollen wir, so die Experten, den Garten vermessen, eine maßstabsgetreue Skizze anfertigen, Lichtverhältnisse analysieren und bloß nicht unvorbereitet ins Gartencenter spazieren, denn sonst wird man von üppigen Blüten zu Impulskäufen verleitet, die man hinterher bereut. Es ist wie beim Kochen: Nicht mit leerem Magen in den Supermarkt spazieren!

All das bedachten wir nicht, als wir den Maulbeerbaum pflanzten. Er kam dahin, wo noch Platz war. Maulbeerbäume sind dekorativ und pflegeleicht, sie halten Hitze und Dürre aus und vor allem aber schmecken ihre Früchte hervorragend. Kann man seinen Garten auch entsprechend der Maßgabe »möglichst wohlschmeckend« planen?

Wenn die Sonne scheint und man eine Thermoskanne Kaffee mitnimmt, kann es auch im Winter schön sein im Garten. Die Arbeit sollte man nicht überstürzen. Wenn man sich die Bitumen-Schicht wegdenkt, geht der Schutt als ökologisch wertvoller Steinhaufen durch, wo Molche und Kröten überwintern. Wenn wir noch zwei Jahre warten, wird der Abfall komplett von ­Brombeeren überwuchert sein. Die schmecken fast so gut wie Maulbeeren.