Bodenkontakt verloren: Eine Privatinitiative wirbt für Olympische Spiele an Rhein und Ruhr

Im Blindflug

Köln will sich um Olympia 2032 bewerben. Die Bürger*innen sollen miteinbezogen werden. Aber wie?

Was ist »die größte Sportveranstaltung der Welt« und »ein Fest der Völkerverständigung«? Die Antwort der Stadt Köln: Olympia 2032 an Rhein und Ruhr. Heute, am 6. Februar, soll der Stadtrat beschließen, die landesweite Privat-Initiative »Rhein Ruhr City 2032« zu unterstützen — so wie es die Landtagsfraktionen von CDU, Grüne, FDP und SPD bereits im November 2019 getan haben. Immer im Deutschland-Achter dabei: die Bürger. Die Stadt Köln möchte einen »geregelten Bürgerbeteiligungsprozess«, das Land NRW soll »entsprechende Beteiligungsformen an zentraler Stelle« entwickeln.

Hamburger*innen stimmten 2015 dagegen

Welche Form von Beteiligung als »geeignet« oder »entsprechend« auserkoren wird, ist jedoch entscheidend. Die Linke Köln möchte im Rahmen einer Bürgerbefragung die Haltung der Kölner*innen zur Olympia-Bewerbung abfragen. Der Rat wäre aber nicht an das Ergebnis gebunden. Auf Landesebene fordert der Verein Mehr Demokratie einen Volksentscheid über die Olympia-Bewerbung. Sein Ergebnis wäre für die Landesregierung bindend. Die Hamburger Bürgerschaft hatte für die Olympia-Bewerbung der Hansestadt im Juni 2015 einen solchen Volksentscheid auf den Weg gebracht. Obwohl die meisten Fraktionen der Bürgerschaft die Olympia-Bewerbung unterstützt haben, stimmten 51,6 Prozent der Hamburger*innen im November 2015 dagegen.

Damit sich eine solche NOlympia-Bewegung nicht wiederholt, werben die Olympia-2032-Initiatoren schon im Vorfeld für eine breite Akzeptanz. »Nicht Gigantomanie, sondern das, was da ist, fit machen«, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet zum WDR. 90 ­Prozent der Sportanlagen für die Spiele seien bereits vorhanden. Die Linksfraktion im Kölner Rat möchte dies genauer wissen. Sie fordert von der Stadt, aufzulisten, wie hoch die Investitionen sind, um die Kölner Sportstätten olympiatauglich zu machen.

London 2012: Vorbild oder Negativbeispiel?

Ein weiteres Argument ist das »olympische Erbe«: Investitionen in den ÖPNV und die digitale Infrastruktur, die im Zuge der Olympia-Bewerbung getätigt würden und auch danach noch zur Verfügung stünden. Als Vorbild werden dabei immer wieder die Olympischen Spiele 2012 in London genannt. Dort wurde ein riesiges ehemaliges Industrieareal im Ost-Londoner Stadtteil Newham in einen Sportpark samt Einkaufszentrum verwandelt, das Jobs in eine der ärmsten Gegenden der britischen Hauptstadt bringen sollte. Das Olympische Dorf sollte dazu dienen, die Wohnungsnot zu lindern. Für Olympia-2032-Initiator Michael Mronz wäre dies ein Modell für ein Olympisches Dorf in Düsseldorf oder Köln. »48 Prozent der Wohnungen dort sind Sozialwohnungen«, sagte er dem Bonner General-Anzeiger.

Was Mronz nicht erwähnt: Die Sozial-Wohnungen im Olympischen Dorf in London werden als »affordable housing« geführt, rund die Hälfte von ihnen kann zu 80 Prozent des ortsüblichen Marktwerts vermietet werden. Die Wohnungspreise im gesamten Stadtteil sind in den vergangenen 20 Jahren um 429 Prozent gestiegen; für eine neu vermietete 2-Zimmer-Wohnung im Olympischen Dorf zahlt man heute mindestens 1800 Euro Miete. Ein solches Erbe tritt man besser nicht an.