In Erwartung der Nacht: Blick ins Mäurer

Ein gemeinsamer Ort

Kneipe oder Club? Das Mäurer auf der Roonstraße ist sympathisch unentschieden

Die Roonstraße ist für die Innenstadt eine wichtige Verkehrsader, sie führt vom Barbarossaplatz vorbei am Rathenauplatz und ist gesäumt von schmucken Altbauten. Dabei kreuzt sie die Zülpicher und deren Ausgehmeile. Hier sind vor allem Studierende und anderes trink­festes Publikum unterwegs. Aus unzähligen Kneipen brummt es jeden Abend und auch spät nachts noch. Während die meisten Etablissements sich aber auf Karneval und Mainstream beschränken, hat zuletzt ein kleiner neuer Laden eröffnet, dessen musikalisches Credo daher besonders heraussticht: das Mäurer.

Betreiber Valentin Möckel empfängt mich am späten Vormittag, die Spuren der vergangenen Nacht hängen noch in der Bier-geschwängerten Luft. »Eine Freundin hat ihren Geburtstag bei uns gefeiert. Da wurde es mal wieder länger.« Möckel, der den Laden 2019 mit seinen beiden Freunden Frederik Birkhahn und Ahmed Demirhan übernommen hat, wohnt selbst seit gut acht Jahren in dem Gebäude auf der Roonstraße 19.

Mit dem Besitzer der Immo­bilie, dem namensgebenden Franz Josef Mäurer, versteht man sich gut, geht auch mal gerne zusammen aus, obwohl der Senior stramm auf die 80 zugeht. Diese besondere Verbindung war es schließlich, die Mäurer dazu bewog, den Jungs ein zuvorkommendes Angebot zu machen, als der vorige Betreiber des dort ansässigen Boogalo nach 17 Jahren das Handtuch warf. »Der hat sich gefreut, dass wir den Laden machen wollten und war froh, dass hier keine Shishabar oder ähnliches reinkommt.«

Stattdessen ist das Mäurer eine unkommerzielle Kneipe geworden, die ohne gesponserte Kühlschränke oder große Markennamen auskommt. Man hat lieber Biere und Limonaden von regionalen Produzenten im Sortiment, die Hersteller kennt man teils auch persönlich. Das Interieur ist gemütlich, der Laden mit seinen gerade mal 50 Quadratmetern überschaubar. Das Herzstück bildet die lange, von Kerzen gesäumte Theke, die sich um eine prominent in der Bar integrierte DJ-Booth schlängelt. An drei Abenden die Woche legen hier DJs auf, die meisten von ihnen noch ganz klassisch mit Schallplatten. »Das soll kein elitäres Ding sein«, meint Valentin Möckel, der selbst regelmäßig die Musik auswählt, »aber viele von uns diggen einfach schon sehr lange und haben eine große Sammlung auf Vinyl. Das schafft einen ganz anderen Bezug zur Musik. Die meisten hier kommen noch aus dem Umfeld von Groove Attack und Stecken. Twit One und Uwe (die Inhaber des Groove Attack, Anm. d. Red.) haben bei unserer Eröffnung im September gespielt«.

Der beliebte Plattenladen auf der Maastrichter Straße ist immer noch ein wichtiger Anlaufpunkt für die Kölner Szene. »... aber auch der macht um 20 Uhr zu, und dann brauchen die Leute eben einen Ort zum gemeinsamen Abhängen«, konstatiert Möckel. »Ein Großteil der Gäste im Mäurer sind entweder alte Freunde oder Bekannte von uns. Es ist toll, um kurz nach Acht runterzukommen, der Laden ist schon bumsvoll und die Hälfte der Leute sind bekannte Gesichter!«

An den Wänden hängen die Werke des chilenischen Künstlers LaTeTE, der sich als Creative Director und auch als DJ für das Mäurer versteht. Unter der Woche bringt das Barpersonal oft selbst Platten mit, die dann durchlaufen. Viele davon bringen Jazz- und Soul-Sounds aus den 70ern. Vorgaben machen die Chefs ihren DJs sowieso keine. »Die sind alle erfahren und wissen genau, wie man mit den Leuten umgeht. Keiner will einfach sein Ding durchziehen oder bringt nur eine Stilrichtung mit.« Valentin Möckel spielte selbst noch ab und zu im Stecken, bevor der legendäre Kellerclub 2014 schließen musste. Der Spirit von damals und einige Überbleibsel der Community finden sich jetzt im Mäurer wieder. Auch der Kölner HipHop-Produzent Retrogott ist regelmäßiger Gast, spielt querbeet von HipHop bis Funk. Manchmal läuft aber auch sample-basierter House oder man einigt sich für eine Nacht auf Brazil. Die Kunst zu überraschen, zu unterhalten und sich dabei nicht
in den Vordergrund zu stellen, sondern die Platten für sich sprechen zu lassen, begeistert das musikaffine Publikum im Mäurer.

Mit Fokus auf Musik und DJs könnte man meinen, die Kneipe würde so manchem Club den Rang streitig machen. So versteht man sich aber gar nicht: »Klar ist es cool, wenn mal Leute tanzen«, gibt Möckel zu, »eine Tanzbar sind wir aber nicht! Es geht hier darum, mit den Freunden an der Bar zu sitzen und dabei neue Musik zu entdecken.« Eine ganz eigene Nische also und ein Ort, der vielen gefehlt hat. Angesichts steigender Mietpreise in Köln und anderswo aktueller denn je: »Unsere Freunde wohnen fast nur noch in kleinen WGs, ohne Gemeinschaftsraum. Da braucht es ein Wohnzimmer wie dieses, um mal mit mehreren Leute abhängen zu können.«

Ab und zu verirrt sich ein Junggesellenabschied von der Zülpicher ins Mäurer, »aber die drehen sofort wieder um, sobald sie merken, dass hier gerade Jazz läuft«, lacht Möckel.

maeurer.de