Susan Te Kahurangi King, Untitled, 1958–59, crayon and graphite on paper, courtesy: American Folk Art Museum; © 2019 The Susan Te Kahurangi King Trust

Bis der Kindheit Traum zerbricht

Die Ausstellung »Dream Baby Dream« dringt zu den Schattenseiten der Kindheit durch

Das »Haus Mödrath — Räume für Kunst« schaffte es dieser Tage in die Nachrichten: Trotz jahrelanger Verhandlungen gibt es keine Einigung, das legendäre »Studio für elektronische Musik« des WDR dauerhaft vor die Tore Kölns zu verlegen. Über die Gründe sind sich die beteiligten Parteien uneins, das kann an dieser Stelle nicht ausgebreitet werden. Eigentlich wäre es der richtige Ort: Immerhin wurde Karlheinz Stockhausen 1928 in diesem Haus geboren. Zu dieser Zeit war es ein Wöchnerinnenhaus. Im Krieg nutzten es die Nazis als Schulungsheim, nach dem Krieg wurde es für Flüchtlingskinder hergerichtet und dann zum Kinderheim. Ein Ort, an dem Kinderleben begann und Träume auch immer wieder zerbrachen.

Die Ausstellung »Dream Baby Dream« nimmt diese Geschichte zum Anlass, sich mit den Schattenseiten der Kindheit auseinanderzusetzen. Der Titel der Schau geht zurück auf den düsteren Song der Synth-Punk-Band Suicide. Schon das New Yorker Duo wusste die Kindheit als einen Sehnsuchtsort darzustellen, der im Rückblick zu einem Alptraum voller gedanklicher Schleifen und Loops wird. Dies gibt den Ton der Ausstellung vor: Veit Laurenz Kurz’ Acrylarbeiten sind genauso wie Mike Kelleys Pigmentdrucke und Paul McCarthys verstörende Skulpturen Zeugen gesellschaftlicher und individueller Traumata. Während Kelley und McCarthy die Untiefen des »American Dream« ergründen, untersucht Kurz seine eigene Zwangsstörung und ihre Ursprünge. Diese Traumata treten in Beziehung mit Arbeiten der »Outsider Art«-Künstlerin Susan Te Kahurangi King. In ihren archaisch anmutenden Farbzeichnungen aus Kindheitstagen gewährt sie einen Einblick in ihr Seelenleben; sie selbst verstummte ab dem Vorschulalter und die fragmentierten Donald Ducks und Plutos geraten zum einzigen Kommunikationsmittel mit der Außenwelt.

Derweil spielt Laurie Simmons mit vermeintlich unschuldigen Bildgesten. Simmons Puppen-Fotografien wecken (pädophile) Erotikphantasien und beklemmenden Horror. Dies korrespondiert mit den — nicht für die Öffentlichkeit bestimmten — Puppen-Szenen von Morton Bartlett, der die Harmlosigkeit seiner Puppen mit detaillierter Ausformung von adoleszenten Brüsten und Schamlippen konterkariert. »Dream Baby Dream« entzaubert wie keine andere Ausstellung in den letzten Jahren die Kindheit als mitnichten harmlose Etappe des Lebens.

»Dream Baby Dream«, Haus Mödrath, An Burg Mödrath 1, Kerpen, 2.2.–20.12., Sa + So 12–18 Uhr, Eintritt 10 Euro