»Ich recycle Materialien, aber ich recycle auch Emotionen und Gefühle«: Künstlerin Betye Saar | courtesy: die Künstlerin / Robert Projects, L.A.; Foto: David Sprague

Black Feminist Power!

Betye Saar wird mit dem Wolfgang-Hahn-Preis 2020 geehrt

»Wir freuen uns, das Werk dieser wegbereitenden afroamerikanischen Künstlerin künftig in unserer Sammlung zu wissen«, kommentiert der Direktor des Museum Ludwig Yilmaz Dziewior den Jury-Entscheid. »In der US-amerikanischen Kunst nimmt sie eine Schlüsselposition ein«, ergänzt Gastjuror Christophe Cherix vom MoMA New York mit Blick auf das über 50-jährige Schaffen der 1926 in Los Angeles geborenen, für eine ganze Generation einflussreichen Künstlerin. Doch während heute in den USA Institutionen wie das MoMA der Grand Dame des »Black Feminism« Einzelausstellungen widmen, sie Auszeichnungen für ihr Lebenswerk und sechs Ehrendoktortitel erhielt, dürften hierzulande die meisten Museumsbesucher erstmal fragen, wie man den Namen der Preisträgerin Betye Saar korrekt ausspricht.

Dass die heute 93-Jährige in Europa kaum bekannt ist, könnte sich mit der Verleihung des renommierten Wolfgang-Hahn-Preis ändern. Verbunden ist er mit einem Ankauf: Betye Saars Arbeit »The Divine Face« von 1971 wird künftig die (zumeist weißen, männlichen) Pop-Stars in der Sammlung US-amerikanischer Kunst aufmischen. Seit den frühen 60er Jahren schafft Saar eigensinnige, hybride Assem­blagen aus Objekten, Zeichnungen, Drucken, Malerei und Fotografie. Sie verbindet Popkultur und Schamanismus, Fragen von Ethnie, Politik und Gender mit persönlicher Geschichte. Aufgewachsen in einer von Rassentrennung geprägten Gesellschaft, war sie immer des festen Glaubens, dass Kunst ein Antidot für die tiefsten menschlichen Ängste sein kann.

Saar lebt und arbeitet seit über fünfzig Jahren in ihrem Laurel ­Canyon Studio in Los Angeles. Mit ihrem Engagement für kulturelle Inklusion und Frauenrechte ist sie bis heute eine Stimme im Diskurs, etwa wenn sie sich mit der afroamerikanischen Künstlerkollegin Kara Walker zofft, die »vorwiegend zur Belustigung und für den Kaufwillen des weißen Kunstestablishments« arbeite. Zur Preisverleihung hat Saar ihren Besuch in Köln angekündigt, vielleicht mit ähnlich ungezähmten Kommentaren im Gepäck. Bis dann bilanzieren wir: Betye Saar passt perfekt zur Sammlungspolitik des Hauses, das seine US-amerikanische Kollektion derzeit gezielt um unterrepräsentierte Positionen ergänzt. Queerer und bunter wird sie werden. Welcome Betye!