Günstiges Wohnen bleibt zentral
Auch Vorzeigeprojekte in der Innenstadt werden nicht ohne sozialen Wohnungsbau genehmigt — so muss wohl der Beschluss des Stadtrates für das Laurenz Carré verstanden werden, ein städtebauliches Großvorhaben zwischen Hohe Straße und Rathaus. Damit scheint zugleich der Streit zwischen Stadt und Investor zumindest vorübergehend beigelegt zu sein.
Der Düsseldorfer Immobilienentwickler Gerchgroup hat das vormals vom WDR genutzte Grundstück mit mehr als 10.000 Quadratmetern Größe vor drei Jahren übernommen. Es grenzt südlich an die Domplatte und verströmt mit Parkhausfassaden und viel Leerstand noch reichlich Hinterhofcharme. Die bestehenden Blöcke entlang der Straße Unter Goldschmied, darunter auch das Bürgeramt Innenstadt, sollten eigentlich zügig abgerissen und durch neue Architektur ersetzt werden: Bürogebäude, Einzelhandel, Hotels, ein Verwaltungsbau, den die Stadt in Eigenregie errichten will, und 64 Wohnungen. Das sieht der 2018 ausgewählte Entwurf der Kölner Stadtplaner Kister, Scheithauer und Groß für die Aufteilung des neuen Ensembles vor. Lediglich das denkmalgeschützte Senatshotel bleibt stehen. 2019 sollte ein Architektenwettbewerb entscheiden, wie die Gebäude genau aussehen werden. Die Sitzung der Jury ließ das Düsseldorfer Unternehmen allerdings so kurz vor dem Termin platzen, dass bereits angereiste Juroren unverrichteter Dinge wieder abreisen mussten.
Der Investor schlägt vor, auf die Sozialwohnungen in der Innenstadt zu verzichten und stattdessen die dreifache Zahl im Mülheimer Süden zu errichten
Grund für die verärgerte Reaktion: Der Stadtrat hatte zuvor auf Vorschlag von Baudezernent Markus Greitemann (CDU) beschlossen, den angekündigten Abriss der bestehenden Gebäude kurzfristig zu verhindern. Man wolle sich von der Gerchgroup nicht durch eine klaffende Lücke im Herzen der Stadt unter Druck setzen lassen, so die Begründung damals.
Umstritten war, ob ein langwieriges Bebauungsplanverfahren für das Projekt nötig ist. Die Gerchgroup wollte vermeiden, sich stärker dem Einfluss der Politik auszusetzen. Und offenbar ging es dem Unternehmen dabei vor allem darum, ob im Laurenz Carré künftig Mieter mit Wohnberechtigungsschein wohnen sollen.
19 Sozialwohnungen sollen im Areal entstehen, so die Position der Stadt. Das wären knapp 30 Prozent der Wohnungen nach derzeitigem Stand. Damit entspräche die Planung sowohl den Vorgaben des Stadtentwicklungsausschuss für das konkrete Grundstück als auch dem Kooperativen Baulandmodell, mit dem der soziale Wohnungsbau in der Stadt in Schwung gebracht werden soll. Der Vorschlag der Gerchgroup, auf die Sozialwohnungen zu verzichten und stattdessen die dreifache Zahl im Mülheimer Süden zu errichten, fand keine Mehrheit. Dort entwickelt das Unternehmen ein Grundstück mit Tausenden Wohnungen. In der Gesamtrechnung hätten sich die zusätzlichen, weniger lukrativen Sozialwohnungen dort wohl besser unterbringen lassen.
Der Bezirksbürgermeister der Innenstadt Andreas Hupke (Grüne) sprach sich allerdings gegen eine Sonderregelung aus. Gerade sein Bezirk brauche die Sozialwohnungen dringend. »Wir wollen hier ein Signal setzen«, sagt er. Die FDP-Fraktion im Rat sieht die Ablehnung als verpasste Chance. Die Entscheidung spreche vielmehr für die Ideologisierung des Wohnungsbaus in Köln, heißt es dort.
Die große Mehrheit im Rat war jedoch anderer Meinung. Sie billigte einen Vertrag, den Stadt und Investor zuvor ausgehandelt hatten, und drückte der Gerchgroup den Bau von Sozialwohnungen in der City auf. Die Bauarbeiten können in Kürze beginnen. Offen bleibt, wie ernst die Gerchgroup das nimmt. In einem Brief an OB Henriette Reker und alle Fraktionsvorsitzenden der Ratsfraktionen, datiert drei Tage vor der entscheidenden Ratssitzung, bietet der Vorstandsvorsitzende Mathias Düsterdick erneut an, die dreifache Zahl der Sozialwohnungen ersatzweise in Mülheim zu errichten. Dort seien sie »garantiert realisierbar«. Die Vereinbarung für das Laurenz Carré hingegen sei aus verschiedenen Gründen nicht umsetzbar. In der City würden die Sozialwohnungen nur »auf dem Papier« existieren, so Düsterdick.