Die Keupstraße fordert ein Mahnmal: Protestaktion im Juni 2019

Auf Umwegen zum Mahnmal

Eine antirassistische Initiative will mit Hilfe der Büro­kratie das Keupstraßen-Mahnmal voranbringen

Eigentlich sollte die Ecke von Keup­straße und Schanzenstraße ein Erinnerungsort sein. Sie liegt nur knapp hundert Meter von dem Geschäft entfernt, wo der rechtsterroristische NSU im Juni 2004 eine Nagelbombe zur Detonation brachte. Dort sollte längst ein Mahnmal für die Opfer rassistischer Gewalt entstandne sein, stattdessen steht dort immer noch ein altes Industriegebäude

»Wir fordern, die Aufstellung eines rechtsverbindlichen Bebauungsplanes einzuleiten, um das Mahnmal so bald wie möglich zu realisieren«, schreibt die Initiative »Herkesin Meydanı — Platz für Alle« im März in einem offenen Brief an Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Parallel dazu hat die Initiative eine Eingabe im Beschwerdeausschuss der Stadt gemacht.

»Das Grundstück wurde aus dem bereits beschlossenen Bebauungsplan für den ehemaligen Güterbahnhof  ausgeklammert«, sagt Gesine Schütt von der Initiative Herkesin Meydanı. Üblicherweise wird dieser Bebauungsplan von der Stadt aufgestellt, wenn ein Bauherr eine Planung vorlegt. Sie muss dabei öffentliche und private Interessen abwägen. »Handeln die Eigentümer*innen nicht, kann die Stadt auch einen Bebauungsplan aufstellen, um öffentliche Interessen zu sichern«, erläutert Schütt.

Das Grundstück, auf dem das Mahnmal entstehen soll, ist Teil des alten Güterbahnhofgeländes in Mülheim. Es gehört einer privaten Eigentümergemeinschaft. Sie plant, dort Wohnungen und Ladengeschäfte zu errichten. In einem Werkstattverfahren, an dem die Eigentümergemeinschaft teilgenommen hat, wurde 2016 festgelegt, dass bei der Neubebauung auch ein Ort für das Keupstraßen-Mahnmal eingeplant werden soll. Der Entwurf für das Mahnmal selbst wurde im gleichen Jahr in einem Wettbewerb bestimmt. Der Berliner Künstler Ulf Aminde möchte den Grundriss des Frisiersalons mit einer Bodenplatte nachzeichnen, mithilfe von Augmented-Reality-Apps soll dort die Geschichte von Migration und Rassismus im Nachkriegsdeutschland erfahrbar gemacht werden. Allerdings hatte der Rat versäumt, einen konkreten Ort für das Mahnmal zu verbindlich festzulegen, als er im Dezember 2015 den Bau beschloss.

In der Folgezeit entbrannte deshalb eine Debatte um den Standort des Mahnmals: Zuletzt war der Eingang einer Fußgängerpassage quer über das Grundstück im Gespräch, der allerdings weiter vom Anschlagsort entfernt liegt. »Mit der Passage werden die Besucherströme von der Keupstraße weggelenkt«, sagt Gesine Schütt von der Initiative Herkesin Meydanı. »Der Bezug zum Mahnmal geht verloren.« Die Initiative fordert deshalb, dass die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht (s. S. 11) Gebrauch machen soll, um das Mahnmal am ursprünglich geplanten Standort entstehen zu lassen.

Dieser Prozess scheint jetzt in Gang zu kommen. »Das Stadtplanungsamt arbeitet an einer Verwaltungsvorlage«, sagt Jürgen Müllenberg aus der Presseamt der Stadt. Im Mai könnte die Vorlage im Stadtplanungsausschuss diskutiert werden — rechtzeitig vor der Ratssitzung Mitte des Monats. Über den Inhalt der Vorlage wollte sich die Stadt noch nicht äußern.

Offener Brief nachzulesen auf mahnmal-keupstrasse.de