»Viet-Thai Cuisine« in Kalk

Cuisine statt Krise

Trotz Corona hat in Kalk die »Viet-Thai Cuisine« den Start gewagt

An der Fassade mit den bodentiefen Fenstern ist ein schmales Vordach mit angedeuteten Schindeln angebracht, hier und da ein bisschen Bambus zur Dekoration. Eine rot-weiße Papiergirlande und ein paar schlaffe Luftballons sind noch von der Eröffnung übriggeblieben. »Alle Gerichte auch zum Mitnehmen«, steht neben dem Eingang auf einer Tafel, »Neu Öffnung« auf einer anderen.

Der jüngste gastronomische Neuzugang im ehemaligen Indus­triestandort Kalk befindet sich mitten im Geschehen, da geht es nur bedingt um korrekte Vokabeln. Hauptsache, man versteht, was gemeint ist, denn Türkisch, Italienisch und Polnisch sind hier die Sprachen, die neben Deutsch am meisten gesprochen werden. Das Mit- und Nebeneinander spiegelt sich auch in den Nachbarn des neuen Restaurants. Gegenüber Tedi, Kodi und Takko Fashion. Links der Gül-Supermarkt, in dessen Eingang eine für die Größe des Geschäfts erstaunliche Vielfalt an Obst und Gemüse angeboten wird. Rechts eine Aldi-Filiale, in der die Kassiererinnen und Kassierer ein vertrautes Verhältnis zu ihrer Kundschaft pflegen.

Seit rund anderthalb Monaten gibt es dazwischen ein thailändisch-viet­namesisches Restaurant, dort, wo eine Filiale des Ehrenfelder Fastfood-Anbieters Phatburgers eine halbe Ewigkeit als Baustelle vor sich hin­dümpelte. Die Filiale öffnete kurz, um anschließend für immer zu schließen. Letzteres mag mit der fast gleichzeitigen Einweihung des Burgerkonkurrenten Mangal schräg gegenüber zu tun gehabt haben. Aber auch dort, im Eingangsbereich des ehemaligen Kaufhofs, liefen die Geschäfte zunächst schleppend. Erst als der Platzhirsch den Fokus von Burger auf Döner wechselte, kamen die Gäste.

Früher mal ein linker Biergarten

Warteschlangen gibt es gegenüber noch keine, man kann durch den Eingang bis in den überdachten Außenbereich im hinteren Teil des Lokals blicken. Was jetzt überdacht ist, war einmal der Biergarten des legendären Haus Cornely. 1906 gegründet, zog die Wirtschaft in unmittelbarer Nähe zur Chemischen Fabrik Kalk (CFK) vor dem Zweiten Weltkrieg vor allem ein linkes Publikum an, geriet dementsprechend im Nationalsozialismus in Schwierigkeiten und schaffte es nach der Wiedereröffnung trotz Verbreiterung der Kalker Hauptstraße in den 50er Jahren und U-Bahn-Bau in den 70er Jahren, mehr als hundert Jahre durchzuhalten. Da, wo sich früher einmal eine kleine Hausbrauerei befunden haben soll, kann man also wieder essen und trinken.

»Guck mal«, sagt Betreiber Do Anh Tuan und deutet mit einer Handbewegung an, dass man sich ruhig umsehen solle. Das Innere des Restaurants ist ein wenig klischeehaft asiatisch eingerichtet. Über der Küchenzeile gibt es ein kleines Vordach, im Eingangsbereich hängen Plastikpfirsiche an einem künstlichen Baum zwischen den Tischen, die Wände zieren gemalte Straßenszenen aus Vietnam und die üblichen Kegelhüte. Auf der Speisekarte ist eine Buddha-Silhouette zu sehen, davor eine Schüssel mit Essstäbchen. Das Papier ist gleichzeitig ein Flyer zum Mitnehmen, das Außerhausgeschäft ist offenbar nicht erst seit Corona Teil des Konzepts. Es gibt Vorspeisen und Salate, Suppen und mehr thailändische Positionen, die meisten davon mit Huhn, Garnele, Rind, Ente oder Tofu. Schwein sucht man vergeblich. Nicht, weil es in der Küche Südostasiens nicht vorkäme, sondern eher weil man sich Gedanken gemacht hat, welche Speisevorschriften die Kundschaft in Kalk wohl beachtet, wie der dezente Hinweis »helal« am Eingang vermuten lässt.

Speisekarte mit Klassikern

Das Essen steht in nur wenigen Minuten transportfähig verpackt auf der Theke. Vegetarische Frühlingsrollen mit süß-saurer Soße (4€), ein Papaya-Salat mit Tofu, Koriander und Erdnüssen (7€), eine Tom-Kha-Gai-Suppe mit Huhn (4€), ein rotes Thai-Curry mit Rind (8€) und »Gui Tiew Pad Thai«, pfannengerührte Reisbandnudeln mit Gemüse und knuspriger Ente (8€). Solide zubereitete Klassiker, keine aufregenden Neuentdeckungen. Ein Stück Tomate in der Suppe oder die Kartoffeln im Curry zeigen aber, dass trotz der Geschwindigkeit frisch gekocht wird.

Ein paar Tage später ist der Laden mit minimalen Anpassungen wieder geöffnet. Vereinzelt sitzen Gäste an den schlichten Holztischen im vorderen Bereich, immer darum bemüht, genügend Abstand zu halten, während die Take-away-Kunden durch die Maske ihre Bestellung aufzugeben versuchen. Im vietnamesischen Nationalgericht Pho Bo, einer klaren Suppe mit Reisnudeln und Rindfleisch, schwimmen bereits die dazugehörigen Kräuter, die man normalerweise getrennt gereicht bekommt. Ein Kellner bringt die Bestellungen des Ehepaars mittleren Alters am Nachbartisch. »Is dat meins?«, fragt die Frau. »Nee, dat is deins! Meins war mit Reisnudeln. Is aber auch ejal.«

Viet-Thai Cuisine
51103 Köln, Kalk, Kalker Hauptstr. 143, Tel. 64 79 62 20
Ö: 11–22, Sa ab 12, So 13–22