Frida Orupabo, Untitled (Detail), 2019, Collage with paper pins mounted on aluminum, © Frida Orupabo, courtesy the artist and Galerie Nordenhake; Foto: Gerhard Kassner

Mit dem Kanon brechen

Das »C& Center of Unfinished Business« erfindet die Museumsbibliothek neu

Ist es anachronistisch, in einer Zeit, in der sich schlagartig vieles digitalisieren musste, einen Leseraum im Museum Ludwig zu platzieren? Mit der ersten Ausstellung des Museums nach der Corona-Pause unternimmt die Kuratorin Romina Dümler genau das: Begegnungen und Dialoge durch das Interagieren mit Büchern ermöglichen. Gemeinsam mit Yvette Mutumba und Julia Grosse von der Plattform Contemporary And (C&) bringt sie das Bibliotheksprojekt »C& Center of Unfinished Business« nach Köln. C& umfasst ein Online-Magazin, digitale Kunstproduktionen, analoge Projekte und ein drei Mal jährlich erscheinendes Print-Magazin. Im Fokus steht Kunst aus Afrika und der afrikanischen Diaspora.

Das »Hier und Jetzt«-Format ist programmatisch, der Titel fordert eine Reaktion auf die Gegenwart und die kritische Selbstreflexion der Institution Museum. Mit »Dyna­mische Räume« als sechste Ausgabe hat sich Dümler das Ziel gesetzt, den Kanon zu hinterfragen, der in Mu­seen vermittelt wird. Jede Samm­lung wächst ständig, doch sie hat auch Lücken, Afrika zum Beispiel.

Die Hälfte der Bücher des sich ständig erweiternden Projekts stammt aus der Kölner Museums­bibliothek, die so etwas ist wie das Hirn und Gedächtnis der Kunstgeschichte und aktueller Diskurse, die andere Hälfte ergänzen Werke aus C&-Beständen. Mit dem Fokus auf afrodiasporische Kunst geht es um die Frage, wie Kolonialismus und Stereotype sowohl Bilder als auch Handlungen und Erzählweisen durchziehen. Bestimmte Sichtweisen und Identitäten wurden lange ausgeschlossen.

Zudem werden die für die Videoplattform von C& produzierten Filme des The Nest Collective und von CUSS mit Vukani Ndebele erstmals in einem musealen Raum gezeigt. Frida Orupabos produzierte ihre Collagen aus Papier zunächst für Instagram, nun nehmen sie räumliche Formen an. In einer von Nkiruka Oparahs Arbeiten erwächst aus einem am Boden liegenden Screen mit einer Videoarbeit eine Installation. Für Romina Dümler ist auch im analogen Raum Virtuelles inhärent. Mit »Dynamische Räume« wird ein Kunstsommer eingeleitet, in dem wir vieles mit neuen Augen betrachten werden.

»HIER UND JETZT im Museum Ludwig: Dynamische Räume«, 6.6.–30.8., digitaler Eröffnungsfilm, Fr 5.6., 19 Uhr live auf Instagram und auf museum-ludwig.de