Frauen, die auf Wiesen starren: OB Henriette Reker am Grüngürtel | Bildquelle: facebook.com/RekerHenriette

Gottes grüne Wiese

Der Rat hat für den Ausbau des FC-Trainingsgeländes gestimmt. Jetzt geht der Streit vor Gericht

Eine grüne Wiese. Unberührt und fragil liegt sie im Morgenlicht. Am Bildrand steht eine Frau im Halbschatten, daneben Wildblumen. Uns, den Betrachtenden, hat sie den Rücken zugewandt, ihr Blick richtet sich auf den Fluchtpunkt des Bildes. Bewundert sie die Erhabenheit der Natur? Oder ist sie in Sorge um Gottes Schöpfung?

Es könnte ein Gemälde von Caspar David Friedrich sein. Aber die Wiese liegt im Äußeren Grüngürtel: die Gleueler Wiese. Hier will der 1.FC Köln sein Trainingsgelände erweitern. Das Bild ist kein Ge­­mälde, sondern ein Facebook-Post von OB Henriette Reker. Am 17. Juni hat sie ihn online gestellt. »Die Grüngürtel sind Konrad Adenauers Vermächtnis an unsere Stadt«, schreibt sie. Sie werde sich für deren Erhalt einsetzen. Aber sollte der Rat für den Ausbau des Trainingsgeländes stimmen, werde sie »diese demokratische Entscheidung selbstverständlich akzeptieren«. Einen Tag später entschied sich der Rat dafür. Vorangegangen war eine Debatte, in der sowohl um Details von Verwaltungsvorlagen wie um den Wortlaut eines Konrad-Adenauer-Zitats erbittert gestritten wurde. Aber es war eine Debatte für das Publikum an den Empfangsgeräten. Seitdem die Ausbaupläne des FC bekannt wurden, waren die Stimmverhältnisse in dieser Frage eindeutig.

Eindeutige Mehrheitsverhältnisse

Die Linke und die Ratsgruppe Gut waren gegen den Ausbau. CDU, FDP, SPD und AfD dafür. Das ist die Mehrheit im Rat. Die Haltung der Grünen ließ sich dagegen sehr lange mit einer Politikerphrase beschreiben: »Wir begleiten das kritisch.« So richtig dagegen wollten sie nicht sein, so richtig dafür aber auch nicht. Erst in den vergangenen zwei Jahren veränderte sich ihre Position zu einer Verlegung des Trainingsgeländes nach Marsdorf. Die von den Grünen unterstützte OB-Kandidatin Henriette Reker folgte vergangenen Sommer.

Grund für den Sinneswandel ist der Klimawandel. Die Gleueler Wiese wurde durch ihn zum Symbol. Die Ausbau­gegner*innen, darunter viele Initiativen, verkauften ihr Anliegen als Kampf um die Lebensgrundlagen der Kölner*in­nen, die Ausbaubefürworter*innen als Kampf um die Lebensgrundlagen des FC. Feinstaubwerte, die nur schleichende Umsetzung von Radverkehrskonzepten und dass der FC auch mit dem alten Trainingsgelände an der Europaleague (und kurz danach am Abstiegskampf) teilgenommen hat — all das trat hinter den symbolischen Wert der Gleueler Wiese zurück.

Das verstellte den Blick auf andere Fragen im Verhältnis von FC und Stadtverwaltung: Kann der Verein weiterhin die günstigen Pachtsätze für Amateurvereine in Anspruch nehmen? Oder muss er die für kommerzielle Unternehmen zahlen? Das ist sowohl im Grüngürtel als auch in Marsdorf relevant. Und wie will die Stadt garantieren, dass Bürger*innen die neuen Sportanlagen im Grüngürtel durchqueren und Schulen dort spielen dürfen? Bislang gibt es dafür nur vage Zusagen des FC, keine öffentliche Vereinbarung. Vielleicht ist das alles aber noch weit entfernt. Naturschutzverbände und Grüne haben Klage gegen den Ausbau eingereicht, der damit erst einmal blockiert ist. Mit viel Glück kann Henriette Reker im Wahlkampf 2025 also noch einmal auf der Gleueler Wiese posieren.