Platz verschenkt

Beim Streit um die Nutzung des Gerling-Quartiers fällt OB Henriette Reker die Fehlersuche schwer

Die Kölner Politik hat ein neues Symbol: den Gereonshof im Gerling-Quartier. Aus dem historischen Versicherungsgebäude nahe dem Friesen­platz haben wechselnde Eigentümer in den vergangenen Jahren teure Wohnungen und Büros gemacht. Prunkstück ist ein geschützter Innenhof mit Brunnen, den Jürgen Roters (SPD) einst »Piazza Navona« nannte. Mit Dolce Vita ist es aber nicht weit her: Eigentümer hatten einen privaten Sicherheitsdienst angeheuert, um Passanten zu verscheuchen, die auf dem Platz verweilten.

Der Aufschrei war groß. Köln werde zur Stadt der Schönen und Reichen, deren Freiheit bedroht sei. Initiativen meldeten Demos an, auch die Politik griff das Thema auf. OB Henriette Reker versuchte, die Debatte schnell zu beenden. Sie erzielte in wenigen Tagen mit den Eigentümern ein »gemeinsames Verständnis« zur Nutzung des Platzes. Dann posierte Reker für Fotos vor dem Brunnen. Die OB will das Thema kleinhalten. Der Wohnungsbau ist eine offene Flanke ihrer Politik. Die Stadt baut zu langsam, die Mieten steigen zu schnell. Diskussionen über Reichen-Ghettos kämen mitten im Wahlkampf zur Unzeit.

Doch die Debatte betrifft ein weiteres Thema von Reker: die Verwaltungsreform. Reker war mit der Erzählung angetreten, der Verwaltung als Parteilose den Filz auszutreiben. »Transparent, kooperativ und verlässlich« lautet der Werbeslogan für die »modernste Verwaltung Europas«. Mit einer »konstruktiven Fehlerkultur«.

Und nun? Beim Gerling-Quartier sei »in der Vergangenheit offensichtlich ein Fehler unterlaufen«, erklärte Reker. Politik und Verwaltung hatten zwar ein sogenanntes Gehrecht in Bebauungsplan und Baulasteintrag vermerkt. Aber das Grundbuch sieht nur einen zehn Meter breiten Durchgang vor. Dem Kölner Stadt-Anzeiger sagte Reker: »Für mich ist nie wichtig, wer schuld ist — sondern die Frage: Wie kann man etwas lösen?« Was der Fehler war? Wem er unterlaufen ist? Wie so was nicht wieder passiert? Für Reker ist die Fehlersuche heikel. Sie verkauft die Verwaltungsreform als Erfolg, aber längst nicht alle scheinen Reker zu folgen. Zu Jahresbeginn beklagten sich Mitarbeiter aus drei Bauaufsichtsbehörden anonym über die Belastung. Ein öffentlicher Rüffel würde das Verhältnis zwischen Verwaltung und Chefin nochmals belasten. Der Kölner Bevölkerung schuldet Reker aber eine Aufarbeitung.