Hier könnte Leben sein: KHD-Gelände in Kalk

Kein Sommer in Kalk

Initiativen bangen um die Zukunft des ehemaligen Industriegeländes im Kalker Süden

2017 gewann das Büro BEL den Wettbewerb für das ehemalige Industriegelände an der Dillenburger Straße in Kalk. Da glaubten dieKalker Initiativen, die ein Auge auf das Areal geworfen hatten, dass jetzt endlich Stadtentwicklung »von unten« möglich werde. EineEntwicklung aus dem Stadtteil heraus — das war die Idee der siegreichen Architekten Anne Julchen Bernhardt und Jörg Leeser. Damit überzeugten sie auch den damaligen Baudezernenten Franz-Josef Höing. Die Hallen, die von der früheren Nutzung übrig geblieben sind, sollen integriert werden. Zum Teil mit offenen Dächern, so der Plan, wollte man Übergänge zwischen Grünflächen, Werkstätten, Wohn- und Bürogebäude bilden.

Drei Jahre später ist nun Ernüchterung eingekehrt. Interessenten wie die städtischen Bühnen, aber auch das Erzbistum, das eine Schule bauen will, sind auf andere Grundstücke ausgewichen. Neu hinzu kamen die Gründer in spe des Migrationsmuseums Domid. Die Stadtgärtner der »Pflanzstelle«, der Drogenhilfeverein Vision sowie die Abenteuerhallen Kalk, die als Nachbarn eine Erweiterung anstreben, wollen auf dem Grundstück bleiben. Das Wohnprojekt »Stadtraum 5 und 4« sowie weitere Initiativen erhoffen sich einen Platz für ihre Vorhaben.

»Wir haben uns gewünscht, dass wir vor der Sommerpause endlich auf das Gelände können«, sagt ­Victoria Blechman vom Verein Kulturhof. Sie und ihre Mitstreiter wollen ein Gebäude rasch für Proberäume
und Ateliers herrichten. Die Miete würde eine schrittweise Sanierung ermöglichen. Mit einem Architekten haben sie das Gebäude bereits in Augenschein genommen. Der Aufwand für die Instandsetzung sei überschaubar, sagt er. Ein Ort für Kulturschaffende wird von allen Fraktionen im Stadtrat begrüßt.

Mit der Trias-Stiftung hat der Verein Kulturhof bereits einen möglichen Partner für das gesamte Areal. Im April verständigten sie sich mit allen beteiligten Initiativen auf ein Vorgehen. Der Kulturhof würde als Pionier das Gelände erobern. Danach soll die Stiftung das Grundstück kaufen und die jeweils benötigten Flächen verpachten. Businessplan, Investitionsplan, Brandschutzkonzept: »Auf dem Papier ist alles fertig«, sagt Victoria Blechman vom Kulturhof.

Der Stadtverwaltung geht das offenbar zu schnell. Das Grundstück soll, wie künftig alle städtischen Grundstücke (siehe Seite 14) direkt in Erbpacht vergeben werden. Für die Trias-Stiftung wäre das aber keine Option. Für die Initiativen ginge es nur, wenn die Stadt Pachtverträge mit den Nutzern einzeln abschließen würde. Bislang will die Stadt die Grundstücke aber nur zusammen an einen Pächter vergeben. Die Initiativen lehnen Unterpachtverträge ab — zu aufwändig und als Sicherheit für Kredite kaum zu gebrauchen, heißt es.

Der Vorsitzende des Liegenschaftsausschusses, Jörg Frank (Grüne), rät zu mehr Geduld. Alte Industrieareale gut zu entwickeln, sei »ansprchsvoll und ein jahrelanger Prozess«. Welches Konstrukt am besten geeignet sei, um gemeinwohlorientierten Projekten Grundstücke dauerhaft zur Verfügung zu stellen, bedürfe einer »gründlichen Abwägung«. Sein Ausschuss be­auftragte die Verwaltung im Juni ­einstimmig mit den nächsten Schritten: ein Gesprächsprozess soll starten, Nutzungen und mögliche Baufelder definiert, der Wert der Grundstücke ermittelt und anschließend eine Vergabestrategie entwickelt werden. Niklas Kienitz (CDU) begrüßt die bisherige Arbeit der Initiativen. »Die Verwaltung möchte gern einen Ansprechpartner«, erläutert Kienitz die Position der Stadt. Dazu müsse sich die Politik verhalten. Die SPD mahnt, an der kleinteiligen Struktur der Entwicklung unbedingt festzuhalten.

Wie das Grundstück vergeben wird, ist zwar noch nicht entschieden. Aber wenn die Stadt einzelne Baufelder definieren soll, ist nicht ausgeschlossen, dass sie die dann auch einzeln verpachtet. Victoria Blechman vom Kulturhof sagt, sie sei nach dem Beschluss »vorsichtig optimistisch«. Die Hoffnung, diesen Sommer mit einer Zwischennutzung zu starten, hat sie aber begraben.